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Reportagen

Howdy y’all!

Cowboy-Feeling in den Fort Worth Stockyards

Cowboy-Feeling in den Fort Worth Stockyards

© Mathias Rentsch

Andy Warhols „Selfportrait“ (1986) im Modern Art Museum of Fort Worth

Andy Warhols „Selfportrait“ (1986) im Modern Art Museum of Fort Worth

© Mathias Rentsch

Das Dallas Museum of Art gehört zu den größten seiner Art in den USA.

Das Dallas Museum of Art gehört zu den größten seiner Art in den USA.

© Mathias Rentsch

Mexikanischer Kunst, hier Keramikfiguren aus dem Bundesstaat Jalisco, ca. 100 v. Chr. bis 200 n. Chr. im Dallas Museum of Art

Es ist ein sog. enzyklopädisches Museum, in dem allerlei Dauerausstellungen zu sehen sind, z.B. eine Sammlung mexikanischer Kunst, hier Keramikfiguren aus dem Bundesstaat Jalisco, ca. 100 v. Chr. bis 200 n. Chr.

© Mathias Rentsch

Dallas-Skyline mit dem markanten Reunion Tower bei Nacht

Dallas-Skyline mit dem markanten Reunion Tower bei Nacht

© Matt Pasant

„Walking Tall“, eine Figur des dreiteiligen Kunstwerks „The Traveling Man“ von Brad Oldham in Deep Ellum, Dallas – drei riesige roboterartige Figuren sind in dem ehemaligen Warehouse District und heutigen Szene-Viertel installiert.

„Walking Tall“, eine Figur des dreiteiligen Kunstwerks „The Traveling Man“ von Brad Oldham in Deep Ellum, Dallas – drei riesige roboterartige Figuren sind in dem ehemaligen Warehouse District und heutigen Szene-Viertel installiert.

© Mathias Rentsch

Dallas und Fort Worth punkten bei den jungen Leuten. Mit Kunst aller Art, Cowboys, urbanem Lifestyle, veganen Burgern und einer App, die zu den besten Magaritas führt

Mathias Rentsch (Bilder und Text)

Dallas ist das neue New York. Junge Amerikaner kehren dem Big Apple neuesten Umfragen zufolge reihenweise den Rücken, die großen Gewinner sind die Städte im Bundesstaat Texas: Houston, Austin, die Zwillingsstädte Dallas und Fort Worth. Ein Trend, der sich auch im Tourismus abzeichnet, wie Fabio Negro, Group Head of Destination North America beim USA-Spezialisten „FTI“, bestätigt. „Gerade Städte wie Dallas, Fort Worth, Austin, San Antonio und Houston sowie die Ranch-Produkte werden extrem gut nachgefragt.“

Wenn es um einen USA-Trip geht, ist auch in unserem Freundeskreis immer öfter zu hören: Texas! Als meine Freundin Alexa und ich erfahren, wie viele tolle Kunstmuseen und spannende Nachbarschaften es allein in der Metropolregion Dallas-Fort Worth gibt, ist unser Interesse endgültig geweckt. Alternative Städte mit viel Kulturangebot, das ist genau unser Ding! Und dann waren da im Frühjahr die günstigen Take-off-Angebote für die neue Direktverbindung München-Dallas von der „Lufthansa“. Warum sich nicht mit einem längeren Citytrip an das „große Amerika“ rantasten? 

Big Things Happen Here

Gleich bei der Ankunft sind wir mittendrin im Thema: „Big Things Happen Here!“ – so der Slogan hier. Dallas-Fort Worth hat einen der größten Flughäfen weltweit. Rund 2000 Starts und Landungen täglich, die Fläche größer als Manhattan. Wir orientieren uns erst einmal Richtung Fort Worth, der kleineren Schwester (875.000 Einwohner; Dallas 1,3 Mio.). Die Skyline ist für uns als Europäer beeindruckend, aber noch von einer einladenden Dimension, so als würde die Stadt sagen: „Kommt her, ich zeige euch mal, wie das so läuft bei uns in Texas.“ 

Natürlich nach Western-Manier. Auf zu den Fort Worth Stockyards! In der Mitte des 19. Jahrhunderts war Fort Worth die letzte Stadt, bevor die Cowboys mit ihren Viehherden ins indianische Territorium gelangten. Hier, in „Cowtown”, war die letzte Gelegenheit, Vorräte zu kaufen und noch ein bisschen Spaß zu haben. Das Motto ist heute noch dasselbe: In dem rund 40 Hektar großen, denkmalgeschützten Viertel kommen wir uns vor wie in einem modernen Western. Cowboyhüte, Cowboystiefel all überall, Country Music, riesige Pickups – und ja, tatsächlich Pferde und Rinder. Und was für Prachtstücke! Eine kleine Herde Texas-Longhorns wird zwei Mal täglich filmreif durch die Hauptstraße getrieben. 

Noch mehr Western-Feeling gibt’s beim echten Rodeo im historischen Cowtown Coliseum. Dabei ist Bullenreiten nur eine der Disziplinen innerhalb der zweistündigen Veranstaltung. Nicht weniger als acht Sekunden muss sich der Cowboy im Sattel halten, damit seine Aufgabe erfüllt ist. Richter bewerten den Schwierigkeitsgrad sowie die Haltung und die Kontrollfähigkeit des Reiters. Doch, für die Texaner ist das ein ernster Sport. 

Darauf ein Bier in „Billy Bobs Texas“! Im weltgrößten HonkyTonk locken ganze 43 Bars: „Niles City Hall“ hat die besten Cocktails und Craft-Biere, im „Longhorn Saloon“ sitzt man auf witzigen Hot-Pants-Hockern. Echtes Wild-West-Gefühl kommt im „White Elephant Saloon“ (die Decke hängt hier voller Cowboyhüte) und im „Stockyards Saloon“ auf. 

Als wir zurück sind in der modernen Welt in der Innenstadt von Fort Worth am Sundance Square, erinnert vor allem noch das riesige Chisholm Trail Mural und der Spitzname der Stadt, „Cowtown“, an diesen Teil ihrer Geschichte. Ansonsten geht es, wie in ganz Texas mittlerweile, reichlich modern zu. So ist per App ein Uber – die amerikanische Alternative zum klassischen Taxi – zum nächsten Ziel schnell bestellt und auch easy bargeldlos bezahlt.

Im Uber wird es nicht langweilig

Diese Fahrten sind Land und Leute pur! Unser erster Fahrer, ein Büroangestellter, schwärmt von seinen Tauchreisen in die ganze Welt, alles finanziert durch das Uber-Fahren. Bei einer anderen Fahrt im UBER durch Dallas starrte uns das Konterfei eines Jugendlichen von einem wirklich riesigen Kapuzenpulli an, den die afroamerikanische Fahrerin als Glücksbringer über ihrem Fahrersitz hängen hatte. Während wir auf dem Rücksitz noch leise darüber debattierten, ob wir sie darauf ansprechen sollten, fing „Rosie“ schon an zu singen, weil sie das eben gern macht. Bis zum Ziel folgte ein sehr beeindruckendes Gospel-Medley. „Gibt es in Deutschland auch Hillbillys?“, wollte wiederum ein junger Latino wissen. Das nicht, aber auch kaum so unterhaltsame Taxi-Fahrer.

Die Fahrt selbst ging dann in den Cultural District, zum Modern Art Museum of Fort Worth. Wow! Der weltberühmte Architekt Tadao Ando hat da echt gezaubert. Ein Bau ohne Schnörkel, Kurven oder Rundes, nüchterner Beton. Riesige Fenster scheinen die Natur von draußen ins Gebäude zu holen. In der Eingangshalle begrüßen uns auf einem wandfüllenden Werk die berühmten bunten Blumen von Takashi Murakami. Zu den Schätzen der Ausstellung gehören außerdem so berühmte Werke wie Andy Warhols „Twenty-Five Colored Marilyns“ von 1962 oder sein „Self-Portrait“ von 1986, Roy Lichtensteins „Mr. Bellamy“ und Bilder von Willem de Kooning oder Henry Moore. Man könnte Tage hier verbringen!

Schlaraffenland für Vegetarier

So langsam haben wir uns eingegroovt auf den American way of life. Zeit für den nächsten Schritt, in diesem Fall in den „Trinity Railway Express“ nach Dallas. Der moderne Zug gleitet knapp eine Stunde sanft durch die erstaunlich grüne texanische Landschaft. Fahrgäste erzählen, dass immer mehr Pendler den Zug nutzen. Für die Region offenbar ein Novum …

Dallas stand neben dem tragischen Schicksal J.F. Kennedys und dem nach ihr benannten TV-Serien-Welthit seit der Jahrtausendwende in Deutschland vor allem für eines, oder besser einen: Dirk Nowitzki. Der Basketball-Weltstar bestritt hier im „American Airlines Center“ bis zuletzt seine Heimspiele in der NBA für die „Dallas Mavericks“. Aber auch nach dem Karriereende des gebürtigen Würzburgers lohnt es sich, ein Spiel zu besuchen, allein schon für die volle, originale „Gameday Experience“. Ein NBA-Basketballspiel ist schließlich nur echt inklusive emotionaler Nationalhymne, 3D-Lasershows und dem typischen Arena-Food aus Hotdogs, Pommes, Popcorn und Nachos – natürlich in XXL. 

Apropos Food: Kulinarisch ist der Besuch in Dallas – abgesehen vom Essen im Sportstadion – ein wahres Fest. „Eat Beef – The West Wasn’t Won On Salad“ steht auf einem Aufkleber geschrieben, und wo wäre ein besserer Platz, um den ersten, echten amerikanischen Burger zu probieren? Unser Favorit dafür: Die „H3 Ranch“ im „Stockyards Hotel“, das ist geschmacklich und von der Größe her schon eine andere Liga als bei uns zu Hause! Hier haben wir auch die frischeste Guacamole bekommen, die wir wohl je in unserem Leben essen werden – live am Tisch zubereitet. 

Alexa als Vegetarierin schwebt auf Wolke sieben. Überhaupt ist uns Texas in Sachen vegetarisches und veganes Restaurant-Angebot weit voraus, „Spiral Diner & Bakery“ ist z.B. ein komplett veganer American Diner. Klar, dass meiner Freundin auch der „Dallas Farmers Market“ wie ein Schlaraffenland erscheint. Alles Bio, alles super frisch, alles regional!

Liebhaber von Seafood werden von „Kenny’s Wood Fired Grill“ begeistert sein, wo die meisten Gerichte auf dem Grill zubereitet werden. Sehr beliebt: Garnelen in Knoblauchsauce, Meeresteller und vielfältige Fischgerichte. Auf mexikanische Küche ist „Manny’s Uptown Tex-Mex“ spezialisiert. Traditionelle Gerichte mit kräftigen Gewürzen und Saucen, ausgezeichnete Meeresprodukte, interessante Gemüsebeilagen. Yummie!

Entdecken ist auch das Motto, wenn es um die Kunstszene in Dallas geht, denn das kulturelle Angebot in der Stadt ist schier unerschöpflich. Um da so viel wie möglich zu schaffen, wollen wir die überall verfügbaren Leihrräder ausprobieren. Das geht prima per App, die uns den genauen Standort und die Verfügbarkeit anzeigt und die direkte Bezahlung ermöglicht. Klappt wunderbar. Als wir damit durch den kultigen Bishop Arts District mit seinen kleinen Boutiquen, Galerien und Musikbars kurven, macht das auch richtig Spaß. Doch im normalen Straßenverkehr in der Innenstadt stellen wir schnell fest: Dallas ist nicht Amsterdam, wenn es um Fahrrad-Sichherheit geht. Dazu kommt ab mittags die texanische Hitze – wir passen! 

Also weiter mit dem UBER. Hier sieht man sofort in der App, ob das Auto auch eine Klimaanlage hat. Übrigens: Jeder Fahrgast kann den Fahrer bewerten, aber auch umgekehrt funktioniert das Spiel: Jeder Nutzer hat ein Fahrgastprofil, in das Bewertungen durch den Fahrer einfließen. Da behält man besser immer die Contenance.

Apps als Orientierungshilfe

Unser Ziel ist der Dallas Arts District. In den letzten 20 Jahren ist hier das größte Kunstviertel der USA entstanden. 19 Blocks, eine riesige Fläche in der Innenstadt. Das Viertel besticht mit der von I.M. entworfenen Symphonie oder der spektakulären Bauweise der Winspear Opera und dem Wyly Theater. Kunstwerke schmücken Gärten und Wege. Viele der Kunst-Museen sind kostenlos, so auch das Highlight, das Dallas Museum of Art. Und das ist sehr groß, so dass wir uns erst einmal die gut gelungene Museums-App runterladen, um uns während des Besuchs immer wieder einen Überblick zu verschaffen. 

Das DMA, wie es die Einheimischen nennen, beherbergt Werke von europäischen Impressionisten wie Renoir, van Gogh, Cézanne und Monet, über zeitgenössische Künstler wie Warhol und Lichtenstein, bis zu amerikanischen, afrikanischen und asiatischen Werken. Direkt dahinter steht das von Renzo Piano entworfene Nasher Sculpture Center, ein offenes, beinahe durchsichtiges Haus, mit wundervollen Skulpturen, darunter Arbeiten von Max Ernst, Giacometti, Matisse, Picasso, Mobile von Alexander Calder. Auch der zugehörige Garten ist voller Kunst – wir könnten uns gut vorstellen, hier einzuziehen. 

Aber eigentlich schlägt unser Herz mehr für die alternative Kunst-Szene, wie in Deep Ellum. Vielerorts hat ein Kunstprojekt einst heruntergekommenne Viertel gerettet, so auch hier. 42 Wände wurden mit 42 riesigen Murals von lokalen Künstlern verziert, schon kam die hippe Crowd, Bars, Restaurants und Mikrobrauereien. Wir schlendern mit glänzenden Augen durch die Straßen und verfallen immer wieder in Euphorie, wenn wir uns gegenseitig auf ein besonders krasses oder gut verstecktes Stück Street-Art von einem uns bekannten Künstler aufmerksam machen. Mit dem ganzen Geknipse machen unsere Handy-Akkus bald die Grätsche. Zeit für einen Break. 

Was trinkt man in Dallas gen Abend? Margaritas natürlich! Der Drink wurde hier erfunden, seit zwei Jahren gibt es sogar eine „Margarita Mile“ mit 21 Bars und jährlichen Wettbewerben um das beste Rezept. Praktisch: die App, die uns jeweils zur nächsten Margarita „navigiert“.

Am Ende des Trips fehlte dann eigentlich nur noch eines: ein Foto von und mit einer beeindruckenden Wolkenkratzer-Skyline. Da gibt es nur einen: den Reunion Tower, das überall sichtbare Wahrzeichen von Dallas, „God’s golf ball“. 171 Meter hoch, die Spitze ist wie eine Kugel geformt, bestückt mit Tausenden LED-Lampen, die nachts bunt über Dallas strahlen. Uns kommt der leuchtende Ball wie eine große Abschiedsgeste vor, als unser Flieger in den Abendhimmel abhebt – Richtung München, wo wir uns erst wieder an die kleineren Dimensionen gewöhnen müssen.