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Reportagen

Höhenzüge

„Glacier Express“ bei Hospental im Urserental

„Glacier Express“ bei Hospental im Urserental

© swiss-image.ch/Christof Sonderegger

Das Lugano Arte e Cultura (LAC)

Seit September 2015 ist das Lugano Arte e Cultura (LAC) eine eindrückliche Plattform für das zeitgenössische Schaffen aus der Südschweiz.

© swiss-image.ch/studiopagi

Traditionelle Viehschau in Brunnadern im Neckertal im Herzen der Ostschweiz in der Region Toggenburg

Traditionelle Viehschau in Brunnadern im Neckertal im Herzen der Ostschweiz in der Region Toggenburg

© swiss-image.ch/BAFU/Beat Mueller

Jöriseen im Gebiet des Flüelapasses

Jöriseen im Gebiet des Flüelapasses

© swiss-image.ch/Roland Gerth

Jules Verne schickte Phileas Fogg in 80 Tagen um die Welt. Wir wollen sowas in etwas kleinerem Rahmen auch wagen und beschließen, die Schweiz in nur 8 Tagen zu umrunden – bequem per Bahn.

Robert Quitta (Text)

Finanziell möglich wird diese „Grand Train Tour of Switzerland“ durch den „Swiss Travel Pass“, der auch andere Vorteile, wie z.B. freie Museumsbesuche, mit einschließt. 

1.Tag

Die Anreise erfolgt per Flieger nach Zürich. Der erste Abschnitt führt mit der Zentralbahn nach Interlaken. In der Ferne zeigen sich die ersten schneebedeckten Berge, am Wegesrand die ers-ten Schrebergärten, die ersten Kühe. Dann fährt man gemächlich an zwei Seen vorbei, von denen man noch nie im Leben etwas gehört oder gesehen hatte: am Sarner- und am Lungerersee. Beide wirken sehr idyllisch: die Menschen sitzen in Strandcafés, Segelboote ziehen ihre Bahn, eine Ente landet auf dem Wasser …

In Zweisimmen wird umgestiegen in die „Golden Pass Line“. Überflüssig zu sagen, dass hier ebenso wie in weiterer Folge alle Anschlüsse problemlos bis auf die Minute klappen: die Eidgenossen sind nun einmal (vielleicht abgesehen von den Japanern) die absoluten Weltmeister im Eisenbahnwesen.

Der Panoramazug schleicht und zuckelt sich hinauf ins Gebirge. Und hier beginnt dann eine der schönsten und überraschendsten Strecken der gesamten Reise – die Fahrt durchs Berner Oberland bis Gstaad ist einfach gottvoll, und es ist schwer zu beschreiben, warum. Nichts an der eigentlich unbeworbenen Landschaft ist in irgendeiner Weise spektakulär: keine Gletscher, keine Berge mit seltsamen Formen, nichts dergleichen. Und trotzdem oder gerade deshalb wird man hier während der dreistündigen Durchquerung von einem unglaublichen Glücksgefühl durchflutet. 

Dann nähert man sich Montreux, und vor einem liegt plötzlich eine ganz ganz andere Welt: liebliche Weinberge, prächtige Schlösser und natürlich der Genfersee selbst. 

2.Tag

Das Erwachen am nächsten Morgen wird man nicht so schnell vergessen. Nach dem Öffnen der Vorhänge hat man vom Balkon des „Grand Hôtel Majestic“ aus einen atemberaubenden Blick auf die palmenbestandene Uferpromenade, die in den Hafen einlaufenden Dampfschiffe und das gegenüberliegende, im Frühlicht funkelnde, französische Ufer. Über die Maßen magisch …

Die zweite Etappe der „Grand Tour“ führt über Visp nach Zermatt. Also auf zum „Hörnli“, zum Matterhorn, zum berühmtesten Berg der Welt, der quasi als Synonym, als Logo für die Schweiz selbst gilt. Unsere Führerin erklärt uns, dass sie andere Ankommende – vor allem asiatische Besucher – zuerst einmal aufklären und beruhigen muss, weil die vollkommen unter Schock stehen, dass man auf das Matterhorn nicht mit der Seilbahn fahren kann. Nein, soweit ist es noch nicht. Noch können den Berg der Berge nur professionelle Alpinisten besteigen. Normale Touristen wie uns bringt die Standseilbahn auf den Gornergrat, von wo man einen einzigartigen Blick auf seien Majestät genießen kann. Wem 500 Euro nicht zu viel sind, kann sich hier auch ein ziemlich spartanisches Zimmer mieten, von wo aus er den Sonnenaufgang über dem gekrümmten Horn erleben kann.

Wieder zurück im Dorf, ist ein Besuch im Matterhorn-Museum unvermeidlich. Extrem faszinierend, dokumentiert zu sehen, wie durch den Spleen einiger verrückter Ausländer die „Marke Matterhorn“ und die „Marke Zermatt“ überhaupt erst entstanden sind, und dass – trotz umfangreichster Recherchen – bis heute nicht einwandfrei erwiesen ist, was genau zum Absturz der Whymperschen Seilschaft geführt hat.

3.Tag

Da eine „Grand Train Tour“ kein Ponyhof ist, geht es gleich in aller Herrgottsfrüh weiter. Wir befinden uns jetzt im genialen Panoramawaggon eines der berühmtesten Züge überhaupt, dem „Glacier Express“: ein Name, ein Begriff, der regelmäßig durch alle touristischen Gazetten der Welt geistert und dementsprechende Sehnsüchte und Hoffnungen weckt. Neben mir saß z.B  eine irische Sozialarbeiterin, die ein Jahrzehnt lang auf diesen einen Tag hin gespart hatte …

Ankunft in Chur, einer archetypischen Ostschweizer Kleinstadt, gepflegt und geschichtsträchtig. Rast im uralten Romantik-Hotel „Stern“, Durchkosten der unerwarteten Bündner Spezialitäten mit den schönen Namen Capuns, Maluns und Bizochels. Alle miteinander köstlich …

4.Tag

Weiter mit dem „Bernina Express“. Dieser erfüllt dann großteils die Erwartungen, die man eigentlich an den „Glacier Express“ hatte: majestätische Gletscher, eisblaue Gletscherseen, Wasserscheiden, schwindelerregende Viadukte … Die Kameras klicken in einem fort, die Tablets glühen. Von Tirano aus fährt man mit dem Bus nach Lugano. Wie oft man auch schon dort war, so ist diese Tessiner Stadt mit ihrem südlichen Flair doch immer wieder bezaubernd und begeisternd. Neuester Zugang zur Stärkung der  Kulturkompetenz: das LAC, ein vor drei Jahren eröffnetes Kunst-und Kulturzentrum mit Ausstellungen, Theateraufführungen und Konzerten. Das Einschlafen erleichtert, wenn man seiner habhaft wird (er wird nur in kleinen Mengen hergestellt): der allerköstlichste Maroni-Grappa.

5.Tag

Von nun an geht’s wieder nach Norden. Zuerst nach Bellinzona und dann weiter mit dem „Gotthard Panorama Express“. In Flüelen wechseln wir auf einen his-torischen Raddampfer um (man kann die Schweizer nicht genug darum beneiden, dass sie diese Prachtstücke nicht verschrottet, sondern liebevoll restauriert haben). Den Vierwaldstättersee umweht ein eigener Zauber, sobald man über seine Gewässer schippert, fallen alle Sorgen von einem ab, und eine ungetrübte Seelenruhe befällt einen – zumindest bis zum nächsten Landgang.

Sich in Luzern aufzuhalten, ist auch immer wieder eine Freude. Es ist eine der anheimelndsten Schweizer Städte und vermittelt ein wunderbares Gefühl von Geborgenheit.

6.Tag

Bleiben wir – entgegen unserer Rekordphilosphie – einen Tag länger am Vierwaldstättersee. Gewichtiger Anlass: das legendäre, auf einem Bergrücken gelegene  „Bürgenstock Resort“, eine Art Dorf im Dorf. Nach einer 500 Mio. teuren Renovierung hat die mythische Luxusenklave wieder eröffnet, und das Ergebnis ist spektakulär. 

Einmal angekommen, will man sein Zimmer vorerst gar nicht mehr verlassen, denn von ihm aus hat man eine  Aussicht, die sich einem lebenslang ins Hirn brennt. Von 1127 Metern Seehöhe aus blickt man auf den Vierwaldstättersee in seiner ganzen blauen Pracht: Himmel und Wasser verschmelzen. Der Anblick ist einfach überirdisch schön, es stellt sich so etwas wie ein Gefühl von Unendlichkeit ein … Extratipp: der Infinity-Pool im Spa!

7.Tag

Abschiedsschmerz. Absturz von luftigen Höhen ins tiefe Tal, Richtung St. Gallen. Weltkulturerbe der UNESCO, allein schon das Stift und die großartige Klosterbibliothek lohnen den Besuch. Aber auch das neu gestaltete Kunstmuseum und das ziemlich einzigartige Textilmuseum sind absolut sehenswert.

Entlang des Bodensees erreichen wir unseren Ausgangspunkt, Zürich. Man sagt ja, dass es doppelt so groß wie der Wiener Zentralfriedhof wäre, aber nur halb so lustig. Das ist aber ein altes Klischee: In Zürich-West z.B. findet man provisorische Konzerthallen und unzählige Szene-Lokale, Bars und angesagte Res-taurants …

8.Tag

Wir haben es geschafft. Die Schweiz ist umrundet. In genau 8 Tagen. Geglückter Rekord!