Märchenhaft

„Salalah Rotana Resort“
© Uschi von Grudzinski

Blick über Jousefs „Delfinbucht“ an der Südwestküste des Oman außerhalb des Ferienortes Salalah
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Hafen von Mirbat
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Im Bergland
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Extravaganter Pool des „Salalah Rotana Resort“
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Kamelherde
© Uschi von Grudzinski
Salalah ist ein Strandparadies aus 1001 Nacht, wo man mit Delfinen baden und Kamele knutschen kann.
Uschi von Grudzinski (Bilder und Text)
Er hat mir zugezwinkert. Ganz sicher. Es war zwar nur ein winziger Moment, aber lang genug, um Schmetterlinge im Bauch zu verursachen. Jetzt sitze ich im weißen Sand, Blick aufs Meer, und bin schockverliebt – in einen Delfin, der mich umkreist hat, elegant, lächelnd, souverän. Nicht etwa in einem Freizeitpark oder bei einer organisierten Schnorcheltour. Nein, einfach so, beim Baden im Indischen Ozean, etwas außerhalb des Ferienortes Salalah, in einer einsamen, namenlosen Bucht an der Südwestküste des Oman. Jousef Al-Shanfari hat uns hierhergefahren. Er liebt das Meer. Und Delfine. Der 31-Jährige hat als Fischer gearbeitet, bevor er in Italien Nautic studierte und anschließend in seiner Heimatstadt Salalah die Agentur „Around the Ocean“ gründete. Heute beschäftigt er mehrere Mitarbeiter, besitzt acht eigene Boote und organisiert Schnorchel-Ausflüge, Tauchgänge, Delfin- und Wale-Watching-Touren für Touristen. In „seine“ Delfinbucht fährt er normalerweise aber nur allein. „Delfine sind scheu und sensibel. Sie würden sich durch viele Menschen gestört fühlen und sich zurückziehen“, sagt er.
Doch auch auf organisierten Bootsausflügen können Urlauber Flipper & Co. begegnen. Es ist beeindruckend, wenn mehrere Delfine das Motorboot begleiten, mit den Wellen spielen und ihre mächtigen Körper zu eleganten Sprüngen und Salti aus dem Wasser schrauben. Oder wenn plötzlich ein glänzend schwarzer Walrücken im blauen Meer auftaucht, und der Koloss seine Atemluft wie eine Fontäne in die Luft stößt. „Die meisten Delfine trifft man vor der Küste von Taqah“, weiß Jousef. „Dort werden jedes Jahr von November bis März Tonnen von Sardinen gefischt. Und Delfine lieben Sardinen.“
Dem kostbaren Weihrauch auf der Spur
Wir fahren über eine perfekt ausgebaute Schnellstraße an der Küste entlang nach Sadah. Links das blaue Meer, rechts der zerklüftete, etwa 1000 Meter hohe Jebel Nuss, hier und da ein paar einfache Lehmhäuser. Dann weiter durchs Land, zwischen den Hügeln und steilen Felsen des Jebel Samhan hindurch nach Mirbat. „Der Name bedeutet Pferdemarkt“, sagt Mohammed, unser Fahrer. „Früher florierte hier der Handel mit edlen Arabern. Heute ist Fischfang der wichtigste Wirtschaftszweig.“ Trotzdem sind im alten Hafen von Mirbat keine Zeichen von Moderne und Fortschritt auszumachen. Bunte Fischerboote dümpeln neben traditionellen Dhaus. Männer sitzen auf dem Boden und flicken ihre Netze, sortieren den Fisch, schrubben ihre Boote. Fischabfälle liegen zwischen Wassereimern und Netzen. Möwen schreien. Es riecht nach Fisch, Tang, Meer.
Während der Fahrt durch die historische Altstadt und die „Geisterstadt“, deren verlassene Häuser, die während der Dhofar-Rebellion (1965 -1975) von Rebellen bewohnt wurden, erzählt Mohammed von längst vergangenen Zeiten, als die Wüstenkarawanen in Mirbat gen Norden starteten, um kostbares Weihrauchharz nach Saudi-Arabien zu transportieren.
Nicht umsonst wurde der Oman früher als Weihrauchland bezeichnet. Denn nur hier und im Jemen wachsen die Bäume, aus deren angeritzter Rinde das besondere Harz tropft. Im Weihrauchmuseum in Salalah erfahren wir später, dass Weihrauchbäume als Geschenk Gottes gelten, da man sie weder züchten noch verpflanzen kann, dass es 25 verschiedene Qualitäten gibt und dass Weihrauchharz auch als Heilmittel eingesetzt wird. Zum Beispiel als Öl gegen Gelenkschmerzen.
Spätnachmittags besuchen wir in Salalah den einzigen Weihrauchmarkt der Welt. Überall stehen große Säcke mit Harzbröckchen in unterschiedlichen Farbnuancen. Die Händler wedeln ihren Kunden Rauchschwaden der verschiedenen Sorten zu, erklären, wiegen ab und verpacken sie in hübsche Töpfchen, Kistchen und Fläschchen.
Ich fühle mich wie in einem Märchen aus 1001 Nacht: betörende Düfte, orientalische Klänge aus blechernen Lautsprechern, Männer in weißen Dishdashas, Frauen in schwarze Abayas gehüllt. In einem der vielen hell erleuchteten Geschäfte kaufe ich Weihrauchöl in einer goldverzierten Glasflasche als Souvenir. Dann gehe ich zum Strand hinunter, wo gerade die Sonne hinter dem Sommerpalast des Sultans zwischen ein paar Palmen verschwindet. Echt schön hier!

Das jadegrüne Süßwasser der Ayn-Sahnawt-Quellen lädt zum Baden ein.
© Uschi von Grudzinski

Auf dem einzigen Weihrauchmarkt der Welt in Salalah stehen überall große Säcke mit den besonderen Harzbröckchen.
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Die Händler verpacken den Weihrauch zum Verkauf u.a. in hübsche Töpfchen.
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Im Dhofar-Gebirge fühlt man sich wie im Allgäu
Am nächsten Morgen fahren wir mit Jeeps ins Dhofar-Gebirge, das im Oktober Vergleiche mit dem Allgäu nicht scheuen muss. Der Khareef-Monsun hat dann aus dem trockenen Wüstenland eine blühende Landschaft gezaubert, die besonders die Omani begeistert genießen. Sie fahren beispielsweise mit der ganzen Familie zum Wadi Darbat, wo um diese Jahreszeit sogar ein Wasserfall in Kaskaden die Felsen hinunterstürzt und ein See zum Tretbootfahren einlädt. Für Wüstenbewohner das Allergrößte! Ähnlich wie der Besuch der Ayn-Sahnawt-Quellen, deren intensiv leuchtendes jadegrünes Süßwasser auch zum Baden lockt.
Auf der Fahrt zurück begegnen wir den eigentlichen Herrschern des Oman. Mehrere Dutzend Kamele (eigentlich Dromedare, aber hier auch als Kamele bezeichnet) überqueren seelenruhig die Schnellstraße. Von unserem Guide erfahren wir, dass sie im Oman früher eine so wichtige Stellung einnahmen, dass man ihnen sogar eine Gewichtseinheit und eine Längenbezeichnung zuordnete. Auch heute noch gibt es allein in Dhofar rund 60.000 Kamele, von denen viele regelmäßig bei Wettbewerben um den Titel des schönsten, des größten oder des Kamels mit der meisten Milch antreten. Auch Kamelrennen sind sehr beliebt.
Doch unsere Karawane lässt sich Zeit. Ich nutze die Gelegenheit und steige aus, um zu fotografieren. Ein Höcker-riese sieht genau in meine Kamera, schürzt die Lippen und kommt auf mich zu. Meine Abenteuerlust hält sich in Grenzen. Ich bringe mich im Auto in Sicherheit. Ein Luftknutscher muss reichen. Sorry, liebes Kamel, aber mein Herz ist schon vergeben. Es gehört seit gestern einem Delfin.