Newsletter

Reportagen

Avec plaisir

Panoramablick auf die Saint-Pierre-Brücke über den Fluss Garonne und den Dome de la Grave

© Adobe Stock/Phil_Good

Toulouse hat eine lange Tradition in der Luftfahrtindustrie und ist Hauptsitz des europäischen Flugzeugherstellers Airbus, die Stadt ist heute eines der weltweit größten Luft- und Weltraumfahrtzentren.

© Cité de l‘espace

Deutsch-Französin Annette Hardouin von der Atelier-Boutique „APHY Créations Bleu de Pastel“ beim Färben

© APHY Créations Bleu de Pastel

Der Kleine Prinz zum Anfassen: Ausstellung „Antoine de Saint-Exupéry: Un petit Prince parmi les Hommes“

© L‘Envol des Pionniers-Arnaud Nazare Aga & Roland Neveu/Manuel Huynh

Saucisse de Toulouse ist eine grobe, rohe Schweinsbratwurst, nur mit dem anerkannten Gütesiegel “Label Rouge” darf sie sich “Véritable Saucisse de Toulouse” nennen.

© Gudrun Rentsch

Die Wendung „Mit Vergnügen“ fällt in der Stadt in Südwestfrankreich oft, man spürt hier die Lebensart und das Licht des Südens. Dennoch setzt Toulouse auf Tradition und technischen Fortschritt gleichermaßen.

Gudrun Rentsch (Text und Bilder)

Wo andere Städte ewig diskutieren, schafft Toulouse Fakten.  So ist hier seit Mitte Mai die „Téléo“ (poma.net/en/work/teleo) in Betrieb, mit drei Kilometer Europas längste städtische Seilbahn.  steht. Sie ist in der 500.000-Einwohner-Stadt in Südwestfrankreich nicht in erster Linie für Touristen gedacht, sondern ergänzt den Nahverkehr mit Bus und Metro. 

Der Bauch von Toulouse

Auch 1959 fackelte man nicht lange. Um Parkplätze in der Innenstadt zu schaffen, riss man die alte Markthalle, eine schöne dreischiffige Glas- und Stahlkathedrale von 1896, ab und setzte einen fünf Stockwerke hohen Betonklotz mitten in die Altstadt. Oben drei Etagen Parkhaus, im Erdgeschoß zogen wieder die Lebensmittelhändler in den Marché Victor Hugo (marche-victor-hugo.fr) ein, in der ersten Etage fünf ineinander übergehende Restaurants mit so programmatischen Namen wie  „L’Impériale“ (limperiale-restaurant.fr). Mittags werden sie zur Kantine der Altstadt.

Oder man verköstigt sich unten an den Ständen, wo Tapas, Tortilla, Austern und ein Wein im Stehen gereicht werden. Michel Sarran, mit zwei Michelin-Sternen der führende Koch der Stadt, schwärmt: „Auf dem Markt gibt es die besten Produkte aus ganz Okzitanien.“ Da ist die „Fromagerie Betty“ (fromagerie-betty.com), seit 1963 auf dem Marché Victor Hugo vertreten, oder das  „Maison Samaran“ (maisonsamaran.fr), wo die Kunden für die Foie Gras, Magrets oder Cassoulets Schlange stehen. Am Stand der „Maison Garcia“ (maison-garcia.fr) stammen die über der Theke baumelnden Bellota-Schinken vom andalusischen Jamón-Papst Juan Pedro Domecq. Die Rindercarrés der „Boucherie Marty“ (martyaucarre.com) hängen bis zu 80 Tage ab. Tipp für auswärtige Gäste: eine geführte Feinschmeckertour (tasteoftoulouse.com) den durch Markt – mit Verkostungen!

Astronauten und Flugpioniere

Toulouse hat eine lange Tradition in der Luftfahrtindustrie und ist Hauptsitz des europäischen Flugzeugherstellers „Airbus“. Wie die Superflieger gebaut werden, zeigt die Führung „Let‘s visit Airbus“ (Vorausbuchung nötig; z.B. über manatour.fr/airbus). Gleich nenbenan steht das Aéroscopia (aeroscopia.fr): Die berühmte Concorde ist im Museum ebenso ausgestellt wie der Militärtransporter von Airbus Defence and Space A 400 M.

Ebenfalls in der Nachbarschaft ist Luft- und Raumfahrtmuseum L‘Envol des pionniers (lenvol-des-pionniers.com), das das große Abenteuer der Luftpost nachzeichnet. Eine neue Ausstellung unter dem Titel „Antoine de Saint-Exupéry: Un petit Prince parmi les Hommes“ (Antoine de Saint-Exupéry: ein „kleiner Prinz“ unter den Männern). zeichnet das Leben des Schriftstellers, Dichters, Aristokraten, Journalisten und Flugpioniers nach.

Die Cité de l’Espace (cite-espace.com) bietet seit 1997 auf rund fünf Hektar Einblicke in die Raumfahrt. Die 55 Meter hohe Kopie der Trägerrakete Ariane V ist das Wahrzeichen des multimedialen Erlebnismuseums. 170 interaktive Exponate, Planetarium, Wetterstation, IMAX-Kino und eine Welthalbkugel mit 3 D-Animation lassen die Faszination des Weltalls spürbar werden. Und:  Man kann hier ausprobieren, schwerelos wie Astronauten über den Mond zu laufen!

Blaues Wunder

Eine sagenhafte Renaissance erlebt in Toulouse seit einigen Jahren der Färberwaid. Das „blaue Gold“ hatte Toulouse und der Region Okzitanien vor allem zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert zu immensem Reichtum verholfen.   Bis zur Entdeckung des Indigo im Jahr 1560 gab es nur dieses Verfahren, um den begehrten blauen Farbstoff – die Farbe der Könige –  zu gewinnen. 

Zu den Pionieren der Pastell-Revolution gehören die Deutsch-Französin Annette Hardouin und ihr Mann Yves. Seit 2007 hat das Paar sein eigenes Atelier (ahpy.eu) im Toulouser Stadtteil Minimes. Dort bieten die beiden Wahl-Toulouser kurzweilige Färbeworkshops an, fertigen ihre eigenen Kleidungsstücke und kultivieren eigene Pflanzen. 

Färberwaid wird heutzutage von den lokalen Marken „Graine de Pastel“  (grainedepastel.com) und „Terre de Pastel“ (terredepastel.com) wegen seiner dermatologischen Eigenschaften zur Herstellung von Naturkosmetik genutzt. Das Öl aus den Samen der Pastel-Pflanze enthält hohe Anteile an ungesättigten Fettsäuren (Omega 3, 6 und 9), die Pflanzenproteine sollen zudem die Collagensynthese anregen, wie eine Studie der Universität Toulouse festgestellt hat. „Terre de Pastel“ betreibt im Stadtteil Labège ein Museum, einen Laden und ein Day-Spa, „Graine de Pastel“ hat einen Laden im Stadtzentrum an der Place Saint-Étienne. 

Ach, du liebes Veilchen!

Auch eine andere außergewöhnliche Pflanze ist eng mit der Stadt verbunden: das Veilchen. Ein Offizier der Armee Napoleons III. soll das Veilchen aus Parma in Italien als Geschenk für seine Verlobte in Toulouse mitgebracht haben. Bis Mitte der 1950-er Jahre waren die Veilchen groß in Mode: Die Blüten wurden zu Sträußen gebunden oder zu Konfekt verarbeitet. Die Blätter waren bei der Parfümfertigung gefragt. Die gesamte Pflanze fand Eingang bei der Herstellung von Kräutertees und Arzneien. 

Jedes Jahr am ersten Wochenende im Februar lässt ein Fest in Toulouse auf der Place du Capitole das Veilchen  mit auf viele Arten hochleben. Alles rund um das berühmte Veilchen von Toulouse gibt es auch bei Hélène Vié.  Auf ihrem schwimmenden Lastkahn „La Maison de la Violette“ (lamaisondelaviolette.com) a auf dem Canal du Midi stapeln sich Seifen und Cremes, Parfüms, Bonbons, Schokolade und Veilchen-Liköre. Ganz neu: die Kosmetiklinie mit einem patentierten Anti-Aging-Wirkstoff aus Toulouse-Veilchen „Jardin Confidentiel“ (jardinconfidentiel.com).