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Reportagen

Klein und fein

Szene zur Tischkultur vergangener Tage im Villeroy & Boch-Erlebniszentrum in Mettlach

Szene zur Tischkultur vergangener Tage im Villeroy & Boch-Erlebniszentrum in Mettlach

© Manfred Blanke

Blick von der Terrasse der „Seezeitlodge Hotel & Spa“ in Gonnesweiler auf den Bostalsee samt Yachthafen

Blick von der Terrasse der „Seezeitlodge Hotel & Spa“ in Gonnesweiler auf den Bostalsee samt Yachthafen

© Seezeitlodge Hotel & Spa

Die Abtei Tholey gilt als ältestes Kloster auf deutschem Boden und wurde 634 n. Chr. erstmals urkundlich erwähnt.

Die Abtei Tholey gilt als ältestes Kloster auf deutschem Boden und wurde 634 n. Chr. erstmals urkundlich erwähnt.

© Manfred Blanke

 

Panoramablick vom Nonnweiler Ringwall

Panoramablick vom Nonnweiler Ringwall

© Projektbüro Saar-Hunsrück-Steig/Klaus-Peter Kappest

UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte

UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte

© Saarland Tourismus

Das Saarland ist der Zwerg unter den deutschen Bundesländern.Doch auf kleinem Raum gibt es spektakuläre Natur, Panorama-Aussichten, keltische Relikte, Industrie-Riesen, leckeres Essen und südländisches Lebensgefühl zu entdecken.

Carmen Schwind (Text)

Da sitze ich nun mit einem Glas Wein vor einem keltischen Feuer auf der Terrasse des „Seezeitlodge Hotel & Spa“ am Bostalsee und genieße einen wunderschönen Sonnenuntergang. Vom Eingangsbereich des Hotels bis hierher führt eine goldene Linie mit einem keltischen Zeichen, zur Tages- und Nachtgleichheit verläuft hier entlang die Sonne – das Resort wurde auf einem Kraftplatz erbaut. 

Zu mir gesellt sich ein netter Mann aus Saarbrücken, der gerade einen Kurzurlaub in diesem Hotel verbringt. Er erklärt mir, dass das Wichtigste im Saarland sei: „Hauptsach’ gudd gess“. Als Fränkin kann ich nur zustimmen. Was da so auf den Teller kommt? Das Äquivalent zur Bratwurst ist der Schwenker, ein mariniertes Stück Schweinefleisch, das auf einem Schwenkgrill – ebenfalls Schwenker genannt – zubereitet wird. Der Franke mag Kloß mit Soß’, der Saarländer Gefillde. Das sind mit Hackfleisch und Leberwurst gefüllte Kartoffelklöße, die mit Speckrahmsoße und Sauerkraut serviert werden. Und es gibt Dibbelabbes, eine Mischung aus Kartoffeln, Lauch und Speck. Na, dann: guten Appetit!

Kelten und Benediktiner

n der Gegend um den Bostalsee sind einige keltische Relikte zu finden. Besonders beeindruckend ist der Ringwall von Otzenhausen. Der sieht aus, als hätten Riesen dort eine Menge Steine abgelegt. Vor mehr als 2000 Jahren soll es hier eine keltische Festung gegeben haben. Die auch als „Hunnenring“ bekannte Anlage erreicht bei einer Dicke von 40 Metern noch heute zwölf Meter Höhe. Auf dem imposanten Steinwall kann man gut herumkraxeln und einen wunderbaren Ausblick genießen. Der Rundweg beginnt am Keltendorf, das gleich die Fantasie anregt: Welches Haus wohl dem Druiden gehört hat? Das auf Stelzen könnte das des Barden gewesen sein … Daneben gibt es eine Arena, in der im Sommer normalerweise Konzerte und Schaukämpfe stattfinden. 

Als Ausgleich zu Kelten und Druiden besuche ich die Benediktiner-Abtei in Tholey, die gerade saniert wird. Es soll sich hier um das älteste noch existierende Kloster auf deutschem Boden handeln. Die Kirche stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist auf den Resten einer römischen Badeanlage gebaut. Dahinter liegt ein kleiner, barocker Garten, in dem man gut verweilen und über vergangene Zeiten sinnieren kann.

Zurück in der „Seezeitlodge“ unterhalte ich mich vor dem Dinner mit Küchenchef Daniel Schöfisch, der in seine Speisen auch Ideen aus der keltischen Küche aufnimmt und kreativ umsetzt. Er verwendet beispielsweise Linsen, Erbsen, Gerste oder Kräuter aus seinem Kräutergarten und komponiert daraus moderne Menüs. Auch im Spa-Bereich setzt sich das keltische Konzept fort, denn es gibt keine banalen Massagen, sondern ausgefeilte Rituale. 

Nach dem Bostalsee geht die Reise weiter nach Saarlouis. Bereits das mächtige Saarpolygon auf der Halde bei Ensdorf signalisiert, dass man vom Land der Kelten in das der Bergwerke und Eisenhütten wechselt. Ein Muss: die weltbekannte Völklinger Hütte, seit 1994 UNESCO-Weltkulturerbe. Länger als ein Jahrhundert hat das Hochofenwerk die Arbeit und das Leben vieler tausender Menschen in der Region geprägt, bis die Stahlkrise in den 1970er Jahren zur Stillsetzung führte. Die riesigen Hochöfen und der gewaltige Schrägaufzug nötigen mir Respekt ab, tief hinein geht es in die dunklen Gänge der Möllerhalle, hoch hinauf führt der Anstieg in luftige Höhe auf die Aussichtsplattform am Hochofen. Heutzutage gehören auch große, interkulturelle Ausstellungen zum Konzept (noch bis 1. November 2020 „Afrika – im Blick der Fotografen“ mit Arbeiten afrikanischer Fotografen; noch bis Ende 2028: „Christian Boltanski: Die Zwangsarbeiter – Erinnerungsort in der Völklinger Hütte“ zum Thema Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg).

Savoir-vivre in Saarlouis 

Einkehr im „La Maison hotel“ in Saarlouis, untergebracht in einem ehemaligen Justizgebäude. Hier verwöhnt Sternekoch Martin Stopp die Gäste. Wobei sich dafür kleinere Gerichte im Bistro „Pastis“ anbieten oder das große Menü im Restaurant „Louis“. Der Maître erklärt sein Konzept: Aus Elementen der französischen Küche, neuen und alten Ideen schafft er in seinen Menüs einen Spannungsbogen der Gaumenfreude. Das „Louis“ ist im ehemaligen Gerichtssaal untergebracht. Das Haus beeindruckt durch eine gelungene Komposition aus edlen, alten und hochwertigen, neuen Möbeln und Accessoires. Alles ist stimmig und außergewöhnlich. Kein Wunder, dass hier bereits Königin Máxima, begleitet von König Willem-Alexander, und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Besuch waren. Und jetzt ich. 

Vom Hotel aus ist es nicht weit in die Innenstadt, in die ich mich sofort verliebe. Die Stadt wirkt lebenslustig und hat ein südländisches Flair. Obwohl sie als Festungsstadt von König Ludwig XIV. gegründet worden ist, geht es betriebsam und lustig zu. Trotz Garnisonskirche oder Alter Kommandantur – ich spüre Lebensfreude, bewundere die vielen Einkaufsmöglichkeiten und Straßencafés, das Savoir-vivre.

Europas Grenzgeschichte

Ein Ausflug nach Frankreich und Luxemburg drängt sich einem direkt auf, am besten zum Dreiländereck. Eine kurze Strecke über eine Moselbrücke, schwupps bin ich in Schengen in Luxemburg. Hier wird Europa gelebt und geatmet. Ich fotografiere mich vor einem Teil der Berliner Mauer, die am Moselufer steht,  und laufe über die Steine mit den Namen der europäischen Staaten. Für jeden Staat gibt es auch einen Stern an einem Wahrzeichen vor dem Europäischen Museum. In dem kann man Europas Grenzgeschichte interaktiv erleben. Es gibt auch Bilder von 1985, als das Schengener Abkommen zur Abschaffung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen unterzeichnet wurde. 

Als überzeugte Europäerin komme ich an dem Automaten, an dem man sich einen Schengen-Pass ausstellen lassen kann, natürlich nicht vorbei. Ich rechne schnell nach, wann ich geboren sein muss, um in diesem Jahr mal wieder meinen 29. Geburtstag feiern zu können und gebe das entsprechende Datum ein. Der Apparat macht ein Foto und schon wird mein neuer Lieblingspass gedruckt.

Auf dem Rückweg besuche ich noch Mettlach, die Gemeinde an der berühmten Großen Saarschleife. Mich zieht es allerdings in die Erlebniswelt von „Villeroy & Boch“ in den Mauern einer alten Abtei. Das ist meine Welt, denn neben Schuhen und Taschen liebe ich schönes Geschirr. Peter Ustinov erzählt in einem Film die Geschichte der Firma. Beim Rundgang kann man den Nachttopf von Kaiser Wilhelm bewundern oder Fliesen von der Titanic. Man flaniert durch Paris oder in ein Café mit kunstvollen Fliesen. In einem Raum wird die Hochzeitsfeier einer Boch-Tochter nachgestellt. Ich kann mich gar nicht sattsehen und besuche anschließend noch das nahegelegene Outlet.

Damit bin ich nun endgültig ein Fan vom Saarland. Es ist klein und kompakt, aber auch sehr abwechslungsreich. Es gibt saftige Wiesen, angelegte Seen, wunderschöne Wanderwege und Gärten, tolle Ausblicke auf der einen und Riesen des Industriezeitalters auf der anderen Seite. Ich lernte nette Menschen, gutes Essen und ein tolles Lebensgefühl kennen. Schön war’s!