Genussflüsterer

Das Durbachtal zwischen Vogesen und dem Schwarzwald verläuft von Ost nach West, hat damit eine hervorragende Südlage und ist geschützt vor Nord- und Ostwinden.
© FVA Durbach

Seit dem 13. Jh. wird in Durbach Wein angebaut.
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Wahrzeichen Schloss Staufenberg; beliebt für Hochzeiten, die Oldtimer vermietet das „Hotel Ritter“ in Durbach, das auch die Gastronomie auf dem Schloss managt.
© Hotel Ritter Durbach

Sterne-Koch André Tienelt zaubert im „Wilden Ritter“.
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Winzer Alexander Danner beim Dekantieren seiner jüngsten Kreation „Philia“
© Danner
Ganz Durbach ist voll davon. Die einen Mainstream, andere gegen den Strich gebürstet. Gemeinsam ist ihnen allen das hohe Niveau, egal ob Winzer, Sternekoch oder Hotelier.
Gudrun Rentsch (Text)
Durbach macht Laune. Weil das auf den ersten Blick spießige Fachwerkdorf bei genauerem Hinschauen erstaunliche Eigenheiten aufweist. Historisch wie heute.
Die 3850-Seelen-Gemeinde liegt im Schwarzwald, in der Ortenau, wo es noch Frauen in Bollenhut-Tracht, tief heruntergezogene Walmdächer an den jahrhundertealten Höfen gibt, und ja: auch eine Schwarzwälder Kirschtorte, die ihren Namen noch verdient (Gasthof „Kalikutt“, Oppenau!).
Doch zurück zu den Besonderheiten. 1762 hatte Großherzog Carl Friedrich von Baden die Faxen dicke, dass der hiesige Wein immer ungenießbarer wurde, und erließ eine Verordnung, wonach „die Anlegung neuer Weingärten nicht ohne amtliche Ratifikation geschehen darf und an Orten, wo kein guter Wein wächst, nicht gestattet wird.“ Eine frühe Qualitätsinitiative!
Im Staufenberger Amt führte in den folgenden Jahrzehnten vor allem der kaiserliche Gesandte Freiherr von Ried den Weinbau zu neuer Größe. 1782 wurde im „Gewann“ Klingelberg bei Schloss Staufenberg erstmals die Rieslingrebe angepflanzt. Das Ergebnis waren sortenreine Weine von solch ausgezeichneter Qualität, dass man in Durbach und in der gesamten Ortenau seither nur noch vom „Klingelberger“ sprach. Ein neuer Name als Synonym für Riesling war geboren.
Fast wäre er in Vergessenheit geraten. Doch beim Projekt „Klingelberger 1782“ haben sich 12 Weinbaubetriebe zwischen Oberkirch, Durbach und Ortenberg zum Erhalt dieser Ur-Rebsorte Riesling zusammengeschlossen. Beim Ausbau der Weine, die jedes Jahr unter dem Projektnamen abgefüllt werden, will man weg von den Einheitsrieslingen, hin zu authentischen, charaktervollen Weinen, die das widerspiegeln, worauf sie gewachsen sind. Dem Weingut „Schloss Staufenberg“ etwa gelingt das trefflich.
„Goldenes Weindorf“ ist mittlerweile der Beiname von Durchbach, da es auf Bundes- und Landesebene stets höchste Auszeichnungen und Goldmedaillen hagelt. Hauptsächlich für hervorragenden Spätburgunder, spritzig-frischen Riesling, traditionsreichen Grauburgunder (Ruländer) und Clevner (Traminer). Natürlich gibt es auch heutzutage Durbacher Winzer, die aus der Reihe tanzen. Einer von ihnen ist Alexander Danner.
Eine Flasche, zwei Weine
Auf seinem nur 2,5 Hektar großen Weingut wird gearbeitet wie vor 200 Jahren, mit „spiritueller“ Unterstützung. „Die Erdung sämtlicher Fässer im Felsenkeller meines Elternhauses von 1761 mit Kupferleitungen und Erdspießen beeinflusst die Moleküle von Frucht, Säure, Tanninen und Gerbstoffen. Ich glaube an die Kraft von Energie, deshalb lasse ich meinen Weinberg segnen, verwende hochschwingendes Lichtwasser im Pflanzenschutz und lasse meine Weine an 365 Tagen mit Heil-Mantren beschallen.“ Sehr reine naturbelassene Weine, die den Weinberg und das Terroir schmecken lassen, sind die Spezialität. Danner: „Ich möchte zeigen, was die Natur macht. Das ganze Potenzial steckt in der Hefe. Bei meinen Weinen liegt die Hefe bis zu drei Jahre im Fass und wird ständig aufgerührt. Nach ein bis drei Jahren habe ich von 200 Litern Hefe noch 20 bis 30 Liter im Fass. Der Rest wurde vom Wein samt den Inhaltsstoffen aufgenommen.“ Seine jüngste Kreation „Philia“ (griechisch: tiefe Freundschaft) ist ein Müller-Thurgau aus 2016, der mit der Hefe abgefüllt wurde.
„Meinen Wein kann man hell und klar ebenso wie trübe genießen. Vorsichtig karaffiert zeigt er sich hell mit zarten Aromen, mineralisch, fruchtig und duftig. Wird die Flasche kräftig geschüttelt und mit der Hefe karaffiert, besticht der trübe Wein mit kräftiger Struktur, ist erdig mit vollem Körper und einem intensiven Geschmack nach Tiefe, Länge und Nachhaltigkeit.“
Danner stößt mit seinen Weinen inzwischen bundesweit auf positive Resonanz. „Dallmayer“ hat die Weine seit Jahren im Sortiment. Auch in der Spitzengastronomie sind seine Weine zu finden: Starkoch Tim Mälzer, Frank Rosin oder André Tienelt und ein gutes halbes Dutzend Sterneköche im Land führen Danners Weine – gesetzmäßig als Landwein deklariert, weil seine Erzeugnisse regelmäßig die gängigen, streng reglementierten Klassifizierungen für Prädikatsweine sprengten.

Durbach ist ein wahres Paradies für Wanderfreunde.
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Nur 20 Minuten sind es von Durbach bis Straßburg.
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Das neue Food-Konzept im „Wilden Ritter“: [maki:’dan], abgeleitet vom persischen Mazidan, kleine Vorspeisen, die zeitgleich auf den Tisch kommen
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Revolution im „Wilden Ritter“
Auch zwei andere Genuss-Macher in Durbach haben kürzlich eigentlich unantastbare Regeln über den Haufen geworfen: Dominic Müller als Inhaber des „Hotel Ritter“ und sein Chefkoch André Tienelt haben im sternegekrönten „Wilden Ritter“ die Esskultur neu definiert, die klassische Menüfolge aufgehoben. Das Ganze läuft unter dem Motto [maki:’dan], benannt nach Mazidan, dem persischen Begriff für Mezze, kleine Vorspeisen, die alle zugleich serviert werden, heute auch Sharing genannt.
Tienelt will zwar mit Konventionen brechen und mit einem innovativen Konzept begeis-tern, verzichten auf die Sterneküche wolle man aber nicht. Allerdings soll das Speisenangebot legerer, greifbarer und erlebbarer werden. „Wir geben kein Menü vor, sondern stellen Gerichte in den Vordergrund, die stark auf Nachhaltigkeit, Regionalität und höchstes Geschmackserlebnis setzen. Zur neuen Idee gehört auch, dass alle Speisen einen ähnlichen Preis haben (14 bis 19 Euro) und die Portionen von der Größe ziemlich gleich sind (Zwischengerichtformat).
Dominic Müller legt nach wie vor großen Wert auf Regionalität und Nachhaltigkeit. Das Hotel erzeugt seinen eigenen Strom, betreibt selst eine Mikro-Brauerei und verfügt über eine Weide mit ungarischen Wollschweinen. „Wir beziehen unser Obst und Gemüse direkt aus dem Dorf, den meisten Wein aus der Region und die Kosmetikartikel von einer Fabrik vor Ort. Das neue Food-Konzept nun verbindet Effizienz, optimierte Personalplanung und eine höhere Wirtschaftlichkeit mit Gastlichkeit und Genuss.“