Newsletter

Medizin

Mücke
weibliche Aedes aegypti oder auch Aedes albopictus Mücken als Überträger des Dengue-Virus
© AdobeStock/nechaevkon

Dengue-Fieber – Sicherheit durch eine Impfung

Dengue gilt mittlerweile als häufigste durch Mücken übertragene Viruserkrankung. In der Reisemedizin besteht daher ein hoher Bedarf für einen sicheren Impfschutz. Der aktuelle Stand

Die Zahl der Dengue-Infektionen ist in den letzten Jahrzehnten drastisch angestiegen. Zwischen 2008 und 2019 haben sich die der WHO gemeldeten Zahlen von 1,3 Millionen Fällen auf 4,2 Millionen ca. verdreifacht. Die Dunkelziffer ist hoch und Schätzungen gehen von 50 bis 100 Millionen Fällen weltweit aus, weshalb Dengue damit als die häufigste durch Mücken übertragene Viruserkrankung gilt. Damit hat es die Erkrankung 2019 auch in die Liste der 10 größten globalen Gesundheitsbedrohungen der WHO geschafft, in der beispielsweise neben Ebola, der Luftverschmutzung und Antibiotika-Resistenzen auch die Impfgegner einen Platz ergattern konnten. Faktoren wie der Klimawandel, die steigende Urbanisierung mit wachsender Bevölkerungsdichte und einer Vielzahl an Brutplätzen für Mücken sowie die zunehmende internationale Mobilität tragen zur Aus- und Verbreitung des Erregers bei.

Das Dengue-Virus wird vorwiegend durch tagaktive weibliche Aedes aegypti oder auch Aedes albopictus Mücken übertragen, wobei bei der Aufrechterhaltung der Viruszirkulation wahrscheinlich auch die vertikale Übertragung auf die Mückeneier eine entscheidende Rolle spielt.

Auch wenn Deutschland aktuell noch nicht zu den Risikogebieten gehört, breitet sich insbesondere Aedes albopictus in fest etablierten Populationen bei uns und in ganz Europa immer weiter aus. In einigen Ländern wie Frankreich, Portugal, Italien oder Kroatien sind in den letzten Jahren autochthone Ausbrüche aufgetreten.

Trotzdem bleibt die Erkrankung aktuell nur bei Fernreisen ein realistischer Risikofaktor. Die meisten der in Deutschland gemeldeten Infektionen aus 2019 (1.176) haben sich im asiatischen Raum ereignet, davon fast ein Drittel in Thailand. In den COVID-Jahren 2020 und 2021 sind die Zahlen dann mangels Reisetätigkeiten auf 205 (2020) bzw. 60 (2021) zurückgegangen.

Sekundärinfektionen erhöhen Risiko für schweren Verlauf

Eine Infektion scheint gegen den infizierenden Serotypen eine Immunität zu hinterlassen. Sekundärinfektionen mit einem anderen Serotypen erhöhen jedoch durch die Entwicklung infektionsverstärkender Antikörper (Antibody Dependant Enhancement) das Risiko für einen schweren Verlauf. Diese Antikörper können zwar an das Virus bei der Zweitinfektion binden, dieses aber nicht neutralisieren, sondern verstärken das Eindringen und die Virusreplikation in Monozyten. In der Folge treten hämorrhagische Denguefieber oder Dengue-Schock-Syndrome häufiger auf als bei Erstinfektionen. Da schwere Verläufe bei europäischen Reisenden aber insgesamt sehr selten sind und auch bei Erstinfektionen auftraten, rät die DTG explizit nicht von weiteren Aufenthalten in Dengue-Risikogebieten ab, sondern empfiehlt konsequenten Mückenschutz und das Vermeiden von Thrombozytenaggregations-Hemmern zur Minimierung des Blutungsrisikos

Hoher Bedarf an einem sicheren Impfstoff

Da für die Erkrankung keine antivirale Therapie zur Verfügung steht, schwere Verläufe nicht selten sind und viele der beliebtesten Reiseziele für Touristen Endemiegebiete für Dengue-Fieber sind, besteht im reisemedizinischen Sektor ein hoher Bedarf für einen sicheren Impfstoff gegen die Erkrankung. Bisher wurde vorwiegend auf Prävention durch Vermeidung von Mücken-stichen bei Reisenden und die Bekämpfung von Vektoren in den Risikogebieten gesetzt. Vor allem junge und ältere Reisende haben ein besonderes Risiko für einen schweren Verlauf.

Aktuell ist ein Impfstoff in Europa zugelassen. Es handelt sich um einen lebenden, abgeschwächten Impfstoff auf Basis des Gelbfieber-Impfvirusstammes, der genetisch an die 4 Dengue-Stämme angepasst wurde. Es werden 3 Dosen des Impfstoffes im Abstand von jeweils 6 Monaten verabreicht. Die Immunisierung dauert also ein Jahr. Leider konnte bei dem Impfstoff keine Wirksamkeit bei seronegativen Probanden nachgewiesen werden. Es zeigte sich bei diesen ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe bei einer Infektion nach Impfung. Die Zulassung besteht für Personen von 9 bis 45 Jahre, die in Endemiegebieten leben und bei denen eine durchgemachte Dengue-Virus-Infektion dokumentiert ist. Daher, und aufgrund der langen Dauer bis zum Abschluss der Immunisierung, macht der Impfstoff für Reisende keinen wirklichen Sinn und steht in Deutschland aktuell auch nicht zur Verfügung.

Neue wirksame Vakzine stehen vor der Zulassung

Am 14.10.2022 hat das CHMP der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) ein positives Votum für die Zulassung eines neuen tetravalenten, attenuierten Lebendimpfstoffes gegeben. Das Grundgerüst bildet hier das Dengue-2-Virus. Für die Serotypen 1, 3 und 4 wurden die prM und E-Strukturprotein-Gene entsprechend angepasst. In Studien ließ sich bisher eine Wirksamkeit von 80% gegen Dengue-Infektionen und 90% gegen Hospitalisationen nachweisen, wobei die Wirksamkeit stark vom Serotyp abhängt. Die Dosierung erfolgt mit 2 Dosen im Abstand von 3 Monaten. Die Daten zur Verträglichkeit sprechen für einen sicheren Impfstoff. Mit einer Zulassung könnte Anfang 2023 zu rechnen sein.

Ein weiterer Impfstoff wird, auch als attenuierter Lebendimpfstoff als Zusammensetzung von 4 monovalenten Dengue-Impfstoffen (vollständige Stämme 1,3 und 4) und ein chimäre Dengue-2-Stamm), in Brasilien entwickelt und befindet sich in Phase 3.

Eine zugelassene Dengue-Impfung wird in der Reisemedizin eine große Rolle spielen und kann voraussichtlich das Reiserisiko für viele Reisende senken. Spannend wird sicherlich, eine Impfung mit einem Vorlauf von 3 Monaten in die reisemedizinische Sprechstunde einzubauen, da viele Reisende doch eher kürzer vor der Reise in die Praxis kommen.

Dr. med. Markus Frühwein, München