Zielgerichtete Therapie für Subgruppe von Magenkrebs-Patienten
Mit dem gegen Claudin-18.2 (CLDN18.2) gerichteten monoklonalen Antikörper Zolbetuximab zusätzlich zur Chemotherapie steht bei CLDN18.2-positiven Adenokarzinomen von Magen und gastroösophagealem Übergang (GEJ) eine innovative zielgerichtete Erstlinienoption zur Verfügung. Das zeigt die globale Phase-III-Studie SPOTLIGHT an 565 nicht vorbehandelten Patienten mit lokal fortgeschrittenen oder metastastierten CLDN18.2-positiven Tumoren, die randomisiert vier Zyklen mFOLFOX6 plus Placebo oder plus Zolbetuximab und ab Zyklus 5 eine weitere Behandlung mit 5-Fluorourcil/Leukovorin plus Placebo oder plus Antikörper bis zum Progress erhielten, infomierte Dr. Kohei Shitara, Kashiwa.
Mit einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS) um ca. zwei Monate erreichte die SPOTLIGHT-Studie ihren primären Endpunkt überzeugend: Nur zytostatisch behandelte Patienten überlebten median 8,7 Monate, die im Zolbetuximab-Arm dagegen 10,6 Monate
(HR 0,751; p=0,0066). Die 2-Jahresrate des PFS stieg von 15 % im Placeboarm auf 24 %, was laut Shitara für einen Langzeit-Benefit des neuen Regimes spricht. Auch das mediane Gesamtüberleben (OS) wurde signifikant verbessert: von 15,5 Monaten bei alleiniger Zytostase auf 18,2 Monate bei Zolbetuximab-Addition (HR 0,75; p=0,0053). „Das ist das längste Überleben, das jemals in einer Phase-III-Studie beim Magenkarzinom erreicht wurde“, kommentierte Shitara. Nach drei Jahren waren im experimentellen Arm noch 21 %, im Placeboarm nur 9 % weiterhin am Leben. Die Nebenwirkungsraten waren in beiden Armen ähnlich. Häufigste Toxizitäten im Zolbetuximab-Arm waren Übelkeit und Erbrechen als On-Target-Effekte.
Auf Basis der Studiendaten wertete Shitara das Regime mit Zolbetuximab plus mFOLFOX6 als potenziellen neuen Therapiestandard in einer mittels Biomarker selektierten Subgruppe.
Langzeit-Benefit von Nivolumab beim Magenkrebs
Das 3-Jahres-Update von CheckMate 649 spricht für den lang-anhaltenden OS-Vorteil von Nivolumab zusätzlich zur Chemotherapie bei nicht vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenen oder metastasierten Adenokarzinomen von Magen, GEJ und Ösophagus. Die dreiarmige Phase-III-Studie umfasste 2.031 Patienten, die randomisiert eine alleinige Chemotherapie mit XELOX oder FOLFOX oder Nivolumab plus Chemotherapie oder plus Ipilimumab erhielten. Mittlerweile werden die Teilnehmer der ersten beiden Arme bereits mindestens 36,2 Monate lang nachbeobachtet, berichtete Dr. Yelena Janjigian, New York. Patienten wurden unabhängig von ihrem PD-L1--Status rekrutiert. Bei 16 % der Teilnehmer lag die PD-L1--Expression auf Tumorzellen bei 1 % und höher.
Primärer Studienendpunkt ist das OS bei Patienten mit einem CPS (Combined Positive Score) von mindestens 5 %. Auch im längeren Follow-up von jetzt 36 Monaten blieb der OS-Vorteil im Nivolumab-Arm in dieser Subgruppe stabil: Nur zytostatisch behandelte Teilnehmer überlebten median 11,1 Monate, die zusätzlich mit Nivolumab behandelten 14,4 Monate (HR 0,70) – ein Unterschied, den Janjigian als „klinisch bedeutsam“ charakterisierte. Die 3-Jahresrate des OS war mit 21 % im experimentellen Arm mehr als doppelt so hoch wie im Kontroll-arm (10 %).
Auch im Gesamtkollektiv erwies sich die Nivolumab-Addition als günstig: Das OS verbesserte sich um gute zwei Monate (13,7 vs. 11,6 Monate; HR 0,79), die 3-Jahresrate um absolut 7 % (17 % vs. 10 %). Janjigian wies auf die anhaltende und zunehmende Trennung der Ereigniskurven im Langzeitverlauf hin. Auch der PFS-Vorteil blieb langfristig erhalten: In der Subgruppe mit einem CPS von 5 % und höher betrug er gut zwei Monate (8,3 vs. 6,1 Monate; HR 0,70), im Gesamtkollektiv 0,8 Monate (7,7 vs. 6,9 Monate; HR 0,79). Der Benefit im OS nahm mit zunehmender PD-L1-Expression zu, wie eine Subgruppenanalyse verdeutlicht. In puncto Verträglichkeit wurden im Langzeit-Follow-up keine neuen Sicherheitssignale dokumentiert. Damit untermauert das Update den Einsatz von Nivolumab zusätzlich zur Chemotherapie bei Patienten mit gastroösophagealen Tumoren, so die Schlussfolgerung von Janjigian.
Neue Drittlinien-Option beim Kolorektalkarzinom
In der SUNLIGHT-Studie zahlte sich die Gabe von Bevacizumab zusätzlich zu Trifluridin/Tipiracil (FTD/TPI) für refraktäre Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom (mCRC) in einer signifikanten OS-Verlängerung aus. Die Drittlinien-therapie mit FTD/TPI ist beim refraktären mCRC bereits zugelassen. Mittlerweile gibt es Hinweise, dass die Kombination von FTD/TPI mit Bevacizumab verträglich ist und eine gesteigerte Effektivität besitzt. Geprüft wurde dieses Regime daher in der internationalen Phase-III-Studie SUNLIGHT bei 492 Patienten mit refraktärem mCRC nach Versagen von zwei Vor-therapien versus FTD/TPI allein.
Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt souverän, berichtete Prof. Josep Tabernero, Barcelona: Patienten im Bevacizumab-Arm überlebten median 10,8 Monate, die im Kontrollarm nur 7,5 Monate, entsprechend einer Reduktion der Mortalität um relativ 39 % (HR 0,61; p<0,001). Die 6-Monatsrate des OS stieg von 61 % unter FTD/TPI auf 77 % bei Bevacizumab-Addition, die 12-Monatsrate von 30 % auf 41 %. Der Benefit der zusätzlichen Bevacizumab-Gabe erstreckte sich über alle präspezifizierten Subgruppen. Auch Patienten, die den Antikörper bereits im Rahmen der Vortherapie erhalten hatten, profitierten. Das PFS wurde mehr als verdoppelt – von 2,4 Monaten im Kontrollarm auf 5,6 Monate im Bevacizumab-Arm (HR 0,44; p<0,001). Die Gesamtansprechrate stieg von 0,9 % auf 6,3 % (p=0,004), die Tumorkontrollrate von 47,0 % auf 76,6 % (p<0,001). Darüber hinaus wurde die Zeit bis zur Verschlechterung des globalen Gesundheitszustandes durch die Antikörper-Addition signifikant verlängert (8,5 vs. 4,7 Monate; HR 0,50; p<0,001). „SUNLIGHT ist die erste Studie beim refraktären mCRC mit einer OS-Verbesserung im Vergleich zu einem aktiven Kontroll-arm“, resümierte Tabernero. Er wertete das Regime als einen neuen Therapiestandard bei mCRC-Patienten nach Versagen von zwei Therapielinien.
Antikörper-Duo beim Gallengangskarzinom
Patienten mit fortgeschrittenen Gallengangskarzinomen haben aufgrund der aggressiven Tumorbiologie und weiterhin limitierten Therapieoptionen eine schlechte Prognose. Die Phase-II-Studie IMbrave151 ist die erste globale randomisierte Studie, in der die kombinierte VEGF/PD-L1-Inhibition zusätzlich zur Erstlinien-Chemotherapie im fortgeschrittenen Sta-dium geprüft wird. Sie schloss 162 nicht vorbehandelte Patienten ein, die 1–8 Zyklen Gem/Cis und zusätzlich Bevacizumab/Atezolizumab (Bev/Atezo) oder Atezo/Placebo erhielten. Die Antikörper wurden danach in beiden Armen als Erhaltung bis zum Progress weiter verabreicht.
Beim primären Endpunkt PFS ergab sich ein Vorteil zugunsten des Bevacizumab-Arms: Die 6-Monatsrate stieg von 63,1 % unter Atezo/Placebo auf 78,2 % mit Bev/Atezo (HR 0,76). Das mediane PFS betrug 7,9 bzw. 8,3 Monate. Die Gesamtansprechrate war mit 24,1 % unter Bev/Atezo und 25,3 % unter Atezo vergleichbar. Allerdings sprachen die mit dem Antikörper-Duo behandelten Patienten länger an: In dieser Gruppe ist der Median in der Remissionsdauer noch nicht erreicht; im Placebo-Arm liegt er bei 5,8 Monaten
Auch der OS-Median ist unter Bev/Atezo nach einem medianen Follow-up von elf Monaten noch nicht erreicht. Nur mit Atezo behandelte Patienten überlebten median 11,4 Monate (HR 0,74). Die 6-Monatsraten des OS betragen 92,0 % bzw. 80,5 %. Häufigkeit und Art der beobachteten Nebenwirkungen waren in beiden Armen ähnlich; die zusätzliche Bevacizumab-Gabe steigerte die Toxizität nur minimal.
Dr. Katharina Arnheim
Quelle: ASCO Gastrointestinal Cancers Symposium in San Francisco vom 19. bis 22. Januar 2023