Dr. med. Markus Frühwein, München
Neben den Kosten für einen adäquaten Impfstoff-Kühlschrank bringt die Impfstoff-Lagerung in der Praxis eine Menge administrativen Aufwand mit sich. Dieser lässt sich mit digitalen Lösungen jedoch vereinfachen.
Zunächst ist es erforderlich, eine gesonderte Vorratshaltung mit entsprechendem Einkaufsmanagement zu hinterlegen, wobei sich ein Mindestmengen-Bestellsystem anbietet. Dies lässt sich auch digital über Impfsoftware-Lösungen darstellen, die meistens ein entsprechendes Impfstoff-Management integriert haben und wobei gelieferte Impfstoffe einfach mit Barcode gescannt werden. Die Kühlschranktemperatur muss kontrolliert werden, am besten kontinuierlich mit Temperaturloggern. Ideal sind hier vernetzte Lösungen, die Abweichungen direkt an den Verantwortlichen schicken und eine händische Dokumentation überflüssig machen.
Finanzielle Aspekte
Direkt finanziell lohnt sich der Aufwand für die Praxis nicht: Es fallen vorwiegend Kosten an, und am Impfstoff selbst wird nichts verdient. Impfstoffe fallen unter den Auslagenersatz nach § 10 der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Hier ist geregelt, dass neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren die Kosten für den Impfstoff gesondert berechnet werden können. Dabei handelt es sich um einen durchlaufenden Posten im Rahmen der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit, was bedeutet, dass hier der Selbstkostenpreis anzusetzen ist.
Mit Impfstoffen darf in der Praxis kein Gewinn gemacht werden. Auch Rabatte oder Boni müssen an den Patienten weitergegeben werden. In der Rechnung müssen bei der Berechnung von Auslagenersatz der Betrag und die Art derAuslage aufgeschlüsselt werden. Für Impfstoffe mit einem Wert von über 25,56 EUR muss ein Nachweis über den Bezugspreis beigelegt werden.
Auf jeden Fall sollte bei einer gewünschten Impfung auch die freie Apothekenwahl berücksichtigt werden und dem Patienten die Möglichkeit gegeben werden, die Impfstoffe selbst bei einer Apotheke zu besorgen.
Viele Vorteile für den Patienten
Macht der ganze Aufwand also Sinn? Wenn reisemedizinische Beratung und damit verbundene Impfungen eine größere Rolle in der Praxis spielen, kann die Lagerhaltung sicher von Vorteil sein. Dann reduziert sich der administrative Aufwand in der Praxis im Hinblick auf den einzelnen Patienten deutlich. Im Gegensatz dazu ist das Prozedere mit Rezeptausstellung, Impfstoff-Abholung in der Apotheke durch den Patienten und erneute Vorstellung beim Arzt aufwendig. Zusätzlich besteht für den impfenden Arzt das Risiko, einen Impfstoff verimpfen zu müssen, bei dem er die Kühlkette nicht selbst überwachen konnte. Ob ein Impfstoff wirklich noch in Ordnung ist, wenn er ungekühlt aus einer Handtasche gezogen wird, ist sicher fraglich.
Für den Patienten ist die Bevorratung beim Arzt daher neben dem für ihn deutlich geringeren Zeitaufwand auch im Hinblick auf die Impfstoffqualität ein Vorteil. Wenn Impfstoffe in größeren Mengen eingekauft werden und dadurch günstigere Preise erzielt werden können, profitiert der Patient direkt davon, da für ihn die Gesamtleistung günstiger wird.
Stromausfall: Jetzt alle Impfstoffe verwerfen?
Impfstoffe müssen im Normalfall bei 2–8 °C gelagert werden. Aber was ist zu tun, wenn aufgrund einer Fehleinstellung des Gerätes die Kühlung zu stark oder zu schwach ist bzw. wegen eines Stromausfalls oder eines Geräteschadens die Kühlung gänzlich unterbrochen wird?
Vor allem das Einfrieren von Impfstoffen sollte unbedingt vermieden werden, da einmal gefrorene Impfstoffe nicht mehr verwendet werden können. Impfstoff darf nie ganz hinten im Kühlschrank gelagert werden. Um höhere Temperaturen zu vermeiden, gehören Impfstoffe auch nicht in die Kühlschranktür. Während Lebendimpfstoffe auch bei höheren Temperaturen sehr empfindlich reagieren können, liegen für die meisten Totimpfstoffe inzwischen gute Daten zur Haltbarkeit bei zeitlich begrenzter Überschreitung der Temperaturmarke vor. Bei einigen Impfstoffen ist das schon länger in den Fachinformationen berücksichtigt, beispielsweise bei Havrix®. Neu hinzugekommen sind auch der Sechsfachimpfstoff Hexyon® und der Dreifachimpfstoff Covaxis®. Für alle drei Impfstoffe zeigen Stabilitätsdaten, dass sie bei Temperaturen bis 25 °C für drei Tage stabil sind.
Aber was ist zu tun, wenn sich der Hersteller in der Fachinformation nicht zur Haltbarkeit bei Temperaturüberschreitung äußert? Hier ist es sinnvoll, direkt mit dem Hersteller Kontakt aufzunehmen. Für viele Impfstoffe liegen entsprechende Daten vor, und einige Hersteller geben impfenden Ärzten für den konkreten Fall Handlungsempfehlungen auf Basis der vorhandenen Stabilitätsdaten.