Die STIKO hat für die COVID-19-Impfungen eine Aspiration bei i.m.-Applikation empfohlen oder hält sie zumindest für sinnvoll. Eigentlich hatte die STIKO schon 2016 empfohlen, auf die Aspiration generell zu verzichten, auch um Schmerzen bei der Impfung zu reduzieren. Ziel ist es jetzt aber anscheinend, die Impfungen noch sicherer zu machen. Grund ist das Auftreten von Perimyokarditiden im Tiermodell nach direkter intravenöser Gabe eines mRNA-Impfstoffs.
Ganz nachvollziehbar ist die Aspirations-Empfehlung der STIKO für den impfenden Arzt trotzdem nicht. 2016 fand sich als eine Begründung der STIKO für die Abschaffung der Aspiration folgender Satz:
„Die Blutgefäße an den Körperstellen, die für die Injektion von Impfstoffen empfohlen sind (M. vastus lateralis oder M. deltoideus) und in Reichweite der Nadel liegen, sind zu klein, um eine versehentliche intravenöse Gabe zu ermöglichen.“
Nach dieser Angabe ist die intravasale Impfung anatomisch nur schwer möglich, womit das im Tiermodell beschriebene Risiko wohl auch überschaubar ist.
Sollte sich aber doch ein entsprechendes anatomisch fehlgeleitetes Gefäß in der Nähe der Nadelspitze befinden, wäre die Aspiration sicher hilfreich, der Fall aber unwahrscheinlich. Ob sich die Nadelspitze nach der Aspirationsprozedur immer noch genau da befindet, wo sie vorher war, ist allerdings auch fraglich.
Eine weitere Stellungnahme der STIKO zur Klärung der anatomischen Frage der Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer intravasalen Injektion bei korrekt durchgeführter Impfung wäre in jedem Fall wünschenswert.
Mit einer positiven Auswirkung auf den allgemeinen Impfgedanken ist bei der neuen STIKO-Maßgabe zur Aspiration auch nicht zu rechnen. Nach weit mehr als 100 Millionen aspirationsfreigeimpften Dosen in den letzten zwei Jahren ist die Information, dass man eigentlich hätte aspirieren sollen, wenig hilfreich. Auf jeden Fall ist sie weder beim Patienten noch beim Arzt alsvertrauensbildende Maßnahme im Hinblick auf die Impfung zu sehen.
Dr. med. Markus Frühwein