Neuer Zweitlinienstandard beim HER2-positiven Brustkrebs
In der Studie Destiny-Breast03 hat das Antibody-Drug-Konjugat (ADC) Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) den bisherigen Zweitlinienstandard beim metastasierten HER2-positiven Brustkrebs Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) um Längen geschlagen. Die internationale Phase-III-Studie umfasste 524 Patientinnen, die randomisiert einem der beiden ADC zugeteilt wurden. Alle Frauen waren mit Taxanen und Trastuzumab, rund 60% auch mit Pertuzumab vorbehandelt. Bei ca. einem Viertel lagen ZNS-Metastasen vor.
Bei der Interimsanalyse nach einem Follow-up von etwa 16 Monaten empfahl das Data Monitoring Committee die Entblindung der Studie, da die protokollarisch definierten Effektivitätskriterien erfüllt waren: Das progressionsfreie Überleben (PFS) als primärer Endpunkt wurde durch T-DXd signifikant verlängert: Der PFS-Median ist unter T-DXd noch nicht erreicht; im Kontrollarm liegt er bei 6,8 Monaten, was einer Reduktion des Progressionsrisikos um relativ 72% entspricht (HR 0,28; p=7,8x10-²²). „Die Ereigniskurven beider Arme trennten sich bereits früh eindeutig“, betonte Prof. Javier Cortés, Barcelona. Die verbesserte Effektivität galt für alle prädefinierten Subgruppen – unabhängig von Hormonrezeptor-Status, vorheriger Pertuzumab-Gabe, Zahl der Vortherapien sowie viszeraler und zerebraler Metastasierung. Die Daten zum Gesamtüberleben (OS) sind noch unreif. Doch zeigt sich bereits ein Vorteil zugunsten von T-DXd mit einer Verbesserung der 1-Jahresrate um absolut 8% (94,1% vs. 85,9%; HR 0,56; p=0,0071). Beeindruckend ist auch die Gesamtansprechrate (ORR), die unter T-DXd mit 79,7% mehr als doppelt so hoch war wie unter T-DM1 (34,2%). 16,1% der Patientinnen sprachen mit einer kompletten Remission auf T-DXd an (vs. 8,7%); nur drei Frauen (1,1%) erlitten einen Progress (vs. 17,5%). Das Sicherheitsprofil war in beiden Armen ähnlich. Cortés bezeichnete es als beruhigend, dass unter T-DXd keine schweren Pneumonitiden oder ILD (interstitielle Lungenerkrankung) beobachtet wurden. „Damit untermauern die Daten T-DXd als künftigen Standard in der Zweitlinientherapie des metastasierten HER2-positiven Mammakarzinoms“, so der Onkologe. Diskutantin Dr. Shanu Modi, New York, wertete die Effektivität von T-DXd als beispiellos und bezeichnete das ADC ebenfalls als bevorzugte Option in der zweiten Linie.
Erfolgreiche Checkpoint-Blockade beim Zervixkarzinom
Derzeitiger Erstlinienstandard beim rezidivierten oder metastasierten Zervixkarzinom ist die platinbasierte Chemotherapie, erinnerte Prof. Nicoletta Colombo, Mailand. Bevorzugtes Regime ist das Triplet mit Platin, Paclitaxel und Bevacizumab, mit dem ein medianes OS von 17,5 Monaten erreicht wird. In der Phase-III-Studie KEYNOTE-826 hat sich jetzt erstmals die Addition eines Checkpoint-Inhibitors (CPI) zur Chemotherapie bewährt. In der Studie erhielten 617 Frauen mit nicht kurativ therapierbarem Zervixkarzinom eine Chemotherapie mit Paclitaxel plus Cis- oder Carboplatin, ca. zwei Drittel zusätzlich auch Bevacizumab, und randomisiert im experimentellen Arm Pembrolizumab, im Kontrollarm Placebo. Rund 88% der Patientinnen hatten PD-L1-positive Tumoren.
Bei der ersten Interimsanalyse nach einem Follow-up von median 22 Monaten hatte die Addition von Pembrolizumab bei Frauen mit einer PD-L1-Expression ≥1% zu einer signifikanten Verlängerung des PFS (koprimärer Ednpunkt) um 2,2 Monate im Vergleich zu Placebo geführt (10,4 vs. 8,2 Monate; HR 0,62; p<0,001). Die 1-Jahresrate des PFS stieg von 34,1% im Placeboarm auf 45,5%. Im Gesamtkollektiv fielen die Ergebnisse zum PFS praktisch identisch aus (10,4 vs. 8,2 Monate; 1-Jahres-PFS 44,7% vs. 33,6%; HR 0,65; p<0,001). Gleiches gilt für die Subgruppe von Patientinnen mit einer PD-L1-Expression ≥10% (10,4 vs. 8,1 Monate; 44,6% vs. 33,5%; HR 0,58; p<0,001). Zudem reduzierte die Zugabe von Pembrolizumab auch das Sterberisiko um etwa ein Drittel: Im Gesamtkollektiv verbesserte sich das OS (koprimärer Endpunkt) um rund acht Monate (24,4 vs. 16,5 Monate; HR 0,67; p<0,001). Bei Patientinnen mit einer PD-L1-Expression ≥1% bzw. ≥10% ist der OS-Median unter Pembrolizumab noch nicht erreicht, während Placebopatientinnen lediglich median gut 16 Monate überlebten. Die Ereigniskurven beider Therapiegruppen trennten sich ab Studienmonat 3 und liefen anhaltend auseinander. Der Benefit von Pembrolizumab bei PFS und OS war in allen Subgruppen konsistent und unabhängig davon, ob die Frauen Bevacizumab erhielten oder nicht. Auch die ORR war im Pembrolizumab-Arm mit deutlich über 60% erheblich höher als im Placeboarm mit nur ca. 50%; die Ansprechdauer wurde etwa verdoppelt. Colombo bezeichnete die Kombination mit Pembrolizumab als gut zu managen, was durch die längere Therapiedauer im Vergleich zu Placebo unterstrichen wird. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität durch die Addition von Pembrolizumab verlängert wurde. „Die Ergebnisse von KEYNOTE-826 werden unseren Standard in der Erstlinientherapie des metastasierten Zervixkarzinoms eindeutig verändern“, kommentierte Diskutant Prof. Mansoor Raza Mirza, Kopenhagen.
Neue Option beim KRAS-G12C-mutierten CRC
Drei bis 4% aller Kolorektalkarzinome (CRC) besitzen die KRAS-G12C-Mutation als onkogenen Treiber, was mit einer geringen Effektivität von Cetuximab einhergeht, erläuterte Prof. Jared Weiss, Chapel Hill. Mit Adagrasib wurde ein selektiver kovalenter Inhibitor des mutierten KRAS-G12C-Proteins mit einer langen Halbwertszeit von rund 24 Stunden und guter Penetration durch die Blut-Hirn-Schranke entwickelt. In der Studie KRYSTAL-1, einer Multikohortenstudie der Phase I/II, wird Adagrasib als Mono- oder Kombinationstherapie bei verschiedenen soliden Tumoren mit KRAS-G12C-Mutation geprüft. Darunter sind 46 metastasierte CRC-Patienten, die die Monosubstanz erhielten, sowie 32 Patienten, die mit der Kombination Adagrasib/Cetuximab behandelt werden. Patienten beider Gruppen waren intensiv vorbehandelt.
Auf die Monotherapie sprachen 22% der CRC-Patienten an. Bei weiteren 64% wurde eine Tumorstabilisierung erreicht, sodass die klinische Benefitrate 87% beträgt. Das mediane PFS erstreckt sich über 5,6 Monate, die 1-Jahresrate des PFS liegt bei 42%. In der Kombinationsgruppe mit Adagrasib plus Cetuximab beträgt die Ansprechrate 43%, die Stabilisierungsrate 57%. Damit wurde bei allen Teilnehmern ein klinischer Benefit erreicht. Zudem besaß Adagrasib als Monotherapie sowie im Rahmen der Kombination ein handhabbares Sicherheitsprofil. Häufigste Nebenwirkungen sind Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen und Fatigue. Aufgrund der positiven Daten wird Adagrasib/Cetuximab nun in der Phase-III-Studie KRYSTAL-10 als Zweitlinientherapie beim fortgeschrittenen oder metastasierten CRC mit KRAS-G12C-Mutation versus FOLFIRI oder FOLFOX6 geprüft.
Zytostatika-Resistenz durchbrechen
Die therapeutischen Optionen bei Frauen mit platinresistentem rezidiviertem Ovarialkarzinom sind bislang limitiert, die Prognose der Betroffenen ungünstig, Standard in diesem Kollektiv ist die wöchentliche Gabe von Paclitaxel. Prof. Dr. Domenica Lorusso, Mailand, wies darauf hin, dass bereits ein physiologischer Kortisonspiegel zur Suppression von Immunaktivierung und Tumorzell-Apoptose führen kann. Zudem kommt es über die Stimulierung proliferativer Mechanismen wie der epithelial-mesenchymalen Transition und durch Induktion einer Zytostatika-Resistenz zur Tumorprogression und einem verkürzten PFS.
Mit Relacorilant wurde ein selektiver Glukokortikoidrezeptor- (GR) Modulator entwickelt, für den präklinisch die Resensibilisierung gegenüber einer Chemotherapie und eine Wirkverstärkung von Platinsalzen und Taxanen belegt sind. Geprüft wurde die Substanz jetzt in einer dreiarmigen Phase-II-Studie an 178 Patientinnen mit platinresistentem oder –refraktärem Ovarialkarzinom-Rezidiv in Kombination mit nab-Paclitaxel. Die mit bis zu vier Linien vorbehandelten Frauen erhielten randomisiert den GR-Modulator als intermittierende oder als kontinuierliche Therapie zusätzlich zu nab-Paclitaxel oder im Kontrollarm die Taxan-Monotherapie.
Beim PFS (primärer Endpunkt) zeigte sich ein deutlicher Vorteil für die Kombination mit intermittierender Relacorilant-Gabe: Das mediane PFS wurde von 3,76 Monaten im Kontrollarm auf 5,55 Monate verlängert (HR 0,66; 95% KI 0,44-0,98). Die kontinuierliche Relacorilant-Gabe plus Taxan war der Monotherapie hingegen nur tendenziell überlegen (5,29 Monate; HR 0,83; 95% KI 0,56-1,22). Die ORR als sekundärer Endpunkt war mit etwa 35% in allen drei Armen ähnlich. Doch überzeugte die intermittierende Relacorilant-Gabe durch eine signifikante Verlängerung der Remissionsdauer auf median 5,55 Monate im Vergleich zu nur 3,79 Monaten bei kontinuierlicher Therapie und 3,65 Monaten im Kontrollarm. Beim OS zeigt sich bereits ein Trend ebenfalls zugunsten des Arms mit intermittierender Relacorilant-Gabe (12,8 Monate vs. 10,4 Monate im Kontrollarm). Zudem wurde die Kombination mit dem GR-Modulator gut vertragen, die Toxizität war im Vergleich zum Kontrollarm nicht erhöht. Das intermittierende Relacorilant-Schema plus nab-Paclitaxel soll jetzt in einer Phase-III-Studie mit der alleinigen Chemotherapie verglichen werden.
Dr. Katharina Arnheim
Quelle: ESMO Congress 2021 Virtual, 16. bis 21. September 2021