Herr Professor Schopf, was sind die häufigsten Komorbiditäten bei Patienten mit Plaque-Psoriasis?
Schopf: Bei der Psoriasis ist nicht nur die Haut betroffen – der ganze Mensch ist erkrankt. Ein besonders wichtiger Aspekt sind hierbei aus meiner Sicht kardiovaskuläre Komplikationen. Diese stehen im Vordergrund und führen dazu, dass die Lebenszeit der Patienten mit Psoriasis stark eingeschränkt werden kann. Das heißt, Patienten mit Psoriasis können früher einen Herzinfarkt oder Hirnschlag erleiden, wenn sie unbehandelt sind und Risikofaktoren nicht beseitigen. Besonders schwer wiegt dabei das Rauchen. Wir haben in einer Studie herausgefunden, dass bei Psoriasis-Patienten, die älter als 63 Jahre sind und regelmäßig rauchen, das Zehn-Jahres-Risiko für die Ausbildung einer tödlich endenden kardiovaskulären Krankheit 13-fach erhöht ist.
Eine weitere häufige Komorbidität ist eng mit der Psoriasis verwandt – die Psoriasis-Arthritis, die bei circa dreißig Prozent der Patienten eine Rolle spielt. Zudem treten vermehrt Depressionen und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus auf. Auch Übergewicht, Rauchen und vermehrten Alkoholkonsum sehen wir häufiger im Zusammenhang mit einer Psoriasis.
Gibt es neben diesen bereits seit längerem erforschten Komorbiditäten auch weniger bekannte Symptome oder Indikationen, die in Betracht gezogen werden sollten?
Es gibt zwei interessante Aspekte, die ich gern herausheben möchte: Das ist zum einen die Schlaf-Apnoe. Da wie bereits erwähnt Psoriasis-Patienten in der Mehrzahl übergewichtig sind, kann dies eine Schlaf-Apnoe begünstigen.
Ein weiteres, recht neues Thema ist der Zahnstatus: Wir haben das Zahnfleisch von Psoriasis-Patienten untersucht und konnten feststellen, dass die Patienten schlechtere Zähne und auch gehäuft Zahnfleischentzündungen aufweisen. Die dabei beteiligten Bakterien rufen eine Immunantwort hervor und steigern somit die Psoriasis. Dies sollte man auch als Risikofaktor bei Psoriasis ansehen.
Welchen Einfluss hat Komorbidität auf die Therapiewahl bzw. was sollte hier beachtet werden?
Es geht in der Tat darum, die entsprechende und passende Therapie zu wählen. Es gibt heute moderne Antikörper-Therapien, die einen sehr großen Fortschritt in der Behandlung darstellen. Durch diese Therapien wird einerseits die Psoriasis gebessert, andererseits die Entzündungslast vermindert. Auch an den Gefäßen gehen die Entzündungen zurück. Die Patienten unter Behandlung leben gesünder. Das wirkt sich nicht sofort aus, aber über die Monate und Jahre trägt es dazu bei, die Entzündungslast zu vermindern oder zu nehmen.
Gibt es Kontraindikationen?
Psoriasis-Patienten weisen häufig einen zu hohen Blutdruck auf. Hier ist es so, dass bestimmte Medikamente, wie Beta-Blocker, die Psoriasis verschlimmern könnten. Das beob-achten wir immer wieder. Diese sollten also bei Psoriasis nicht gegeben werden. Das ist wichtig. Das gleiche gilt für ACE-Hemmer. Auch hier liegen Untersuchungen vor, die zeigen, dass die Psoriasis unter der Gabe schlimmer wird. Solche Medikamente sollten daher ausgetauscht oder vermieden werden.
Wenn man in den Versorgungsatlas schaut, ist es nur ein sehr geringer Anteil der niedergelassenen Dermatologen, sie moderne Antikörper-Therapien verordnen. Warum ist das so?
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl zugelassener Antikörper-Therapien, die den Patienten mit unterschiedlicher Komorbidität und Ausprägung sehr gut weiterhelfen können. Und das sollte für jeden Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis angestrebt werden. Wir beobachten immer wieder, dass diese modernen Therapien den Patienten gegenüber aber gar nicht erwähnt werden. Das hat wahrscheinlich zwei Gründe: Zum einen sind es sehr teure Medikamente und niedergelassene Ärzte fürchten einen Regress. Das kann man durch gute Dokumentation umgehen, aber leider werden Psoriasis-Behandlungen nicht gesondert honoriert.
Und die zweite Sache?
Viele Ärzte trauen sich an die Antikörper-Therapie nicht heran. Sie fürchten Nebenwirkungen. Wenn das der Fall ist, ist meine unbedingte Empfehlung, dass die Patienten an ein Zentrum überwiesen werden. Diese gibt es an verschiedenen Unikliniken, aber auch in spezialisierten Praxen.
Was können die Patienten selbst tun?
Das sind die allgemeinen Maßnahmen für die Gesundheit. Der Psoriasis-Patient soll kein Übergewicht haben, sich entsprechend ernähren, den Blutdruck behandeln. Viele der Begleiterkrankungen entstehen durch die Lebensführung. Der Patient sollte eine positive Lebensweise haben und ermuntert werden für seine Gesundheit alles zu tun. Viele Patienten haben resigniert und sind skeptisch gegenüber einer Therapie.
Interview: Martha-Luise Storre
Häufige Komorbidität bei Patienten mit Plaque-Psoriasis:
1. Kardiovaskuläre Erkrankungen:
- 28% höhere Wahrscheinlichkeit einer KHK und
- 12% höhere Wahrscheinlichkeit für Schlaganfälle1
2. CED: Morbus Crohn tritt 3 mal häufiger bei Psoriatikern auf.2
3. Psoriasis-Arthritis: 20–30% der Patienten mit Plaque-Psoriasis entwickeln eine Psoriasis-Arthritis.3
4. Metabolisches Syndrom: Bei Psoriasis-Patienten tritt das metabolische Syndrom 6 mal häufiger auf.*,4
- Diabetes mellitus Typ II
- Übergewicht
- Hypertonie
- Hyperlipidämie
5. Depressionen, Suchterkrankungen
Quellen: 1. Kimball AB et al. Poster #3369, AAD 2009; 2. Persson PG et al. Int J Epidemiol. 1993 April 22(2):268-72; 3. Reich K et al. Br J Dermatol. 2009; 4. Sommer DM et al. Arch Dermatol Res. 2006 Dec;298(7):321-8. *im Vergleich zu hospitalisierten, dermatologischen Kontrollpatienten.