Newsletter

Medizin

de Zeeuw
Dr. med. Justus de Zeeuw,
Facharzt für Innere Medizin, Köln
© privat

„Sommergrippe“ – kühl betrachtet

In den wärmeren Monaten werden viele Patienten mit einer „Sommergrippe“ in der Hausarztpraxis vorstellig. Was sich dahinter verbirgt und welche Besonderheiten hier gelten, erläutert Dr. med. Justus de Zeeuw.

Was sind die Auslöser einer "Sommergrippe"?
Dr. med. Justus de Zeeuw:
Auslöser sind in der Regel Enteroviren, insbesondere Coxsackie- und Echoviren. Natürliches Reservoir dieser Viren ist der Gastrointestinaltrakt. Die Ansteckung erfolgt dementsprechend fäkal-oral auf dem Wege einer Schmier- oder Tröpfcheninfektion. Die Symptome entsprechen einer gewöhnlichen Erkältung, also Halsschmerzen, Schnupfen und Husten. Meist sind diese milder ausgeprägt als bei einem Atemwegsinfekt im Winter.

Zeigen bestimmte Erreger auch eine gewisse Temperaturabhängigkeit?
Generell gibt es bei Viren Unterschiede in der Kälteempfindlichkeit oder Hitzebeständigkeit. Jeder Erreger hat sich auf ein bestimmtes Klima spezialisiert. Corona-Viren sind aufgrund ihrer lipidhaltigen Hülle gegen Hitze empfindlich. Noroviren sind umgekehrt sehr hitze-stabil. Luftfeuchtigkeit spielt auch eine Rolle: Je wärmer und damit feuchter die Luft ist, umso schneller sinken Tröpfchen zu Boden oder verdunsten auf dem Weg dahin. Im Winter bleiben ausgeatmete Tröpfchen deutlich länger in der Luft.

Welche Bedingungen können im Sommer eine respiratorische Erkrankung begünstigen?
Wie im Winter ist auch im Sommer der Übertragungsweg für die Ansteckung entscheidend. Im Winter sind es vor allem Husten und Schnupfen, die zur Verbreitung eines virushaltigen Aerosols führen. Im Sommer sind es eher Schmierinfektionen: Die Erreger der Sommergrippe werden durch Händeschütteln, Bade-wasser und kontaminierte Gegenstände übertragen. Sie gelangen dann über die verschmutzten Hände an Mund und Nase. So werden die Atemwege infiziert, und die Sommergrippe nimmt ihren Lauf.

Was kann man Patienten zur Prävention raten?
Die Prävention ist ausschließlich über eine Unterbrechung des Übertragungsweges möglich. Einerseits bedeutet dies, dass man sich das Geld für Präparate, die eine Stärkung des Immunsystems oder der Abwehrkräfte versprechen, sparen kann. Andererseits sind Hustenhygiene, Verzicht auf Händeschütteln und häufiges Händewaschen wirksame Methoden.

Gelten bei der Therapie die gleichen Grund-sätze wie im Winter?
Die Therapie viraler Atemwegsinfekte ist im Winter wie im Sommer an den Symptomen orientiert. Zum Einsatz kommen entzündungshemmende Wirkstoffe, Hustenstiller und Schleimlöser. Manche Präparate erfüllen gleichzeitig alle drei Aufgaben (z. B. Ambroxol). Andere werden gezielt für die im Vordergrund stehenden Beschwerden eingesetzt: Cineol gegen den Schleim, Efeublättertrocken-extrakt gegen den Husten. Phytopharmaka verfügen über gute wissenschaftliche Evidenz, dies gilt insbesondere für Präparate mit Thymian, Salbei und Primelwurzel. Auch der Extrakt der Flachlandpelargonie verkürzt die Symptomdauer.

Interview: Birgit Bok