Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) gewinnen zunehmend an Bedeutung, nicht zuletzt in Zeiten der Pandemie. Seit Oktober 2020 ist es in Deutschland erstmals möglich, dass Ärztinnen und Ärzte Gesundheits-Apps verschreiben und über die gesetzlichen Krankenversicherungen abrechnen. Erste Beispiele sind Apps zur begleitenden Behandlung von Übergewicht, Tinnitus, Depressionen sowie Angst- und Schlafstörungen.
Wissenschaftler untersuchten nun, ob es auch bei DiGA zu einem Placebo-Effekt – analog zu dem bei medikamentösen Therapien bekannten Phänomen – kommen kann. Denn während Placebo-Effekte in klassischen Behandlungssettings seit Jahrzehnten untersucht werden, ist die „digitale“ Variante noch weitgehend unerforscht. Um die Mechanismen des digitalen Placebo-Effekts besser zu verstehen, sind Prof. Dr. Gunther Meinlschmidt, Esther Stalujanis und weitere Kollegen der IPU Berlin, der Universität Basel und der RWTH Aachen im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie der konkreten Frage nachgegangen: Wie stabil sind in diesem Kontext Wirksamkeits-erwartungen und sind sie veränderbar?
Dabei untersuchten sie die Veränderung der Wirkungserwartung einer für die Untersuchung programmierten Smartphone-App über einen Zeitraum von drei Wochen. Die 132 gesunden Probanden wurden dazu in vier Gruppen aufgeteilt. Der ersten Gruppe wurde vorab mitgeteilt, dass eine Wirkung zu erwarten sei, die zweite bekam erst im Nachhinein an einzelnen Tagen mitgeteilt, dass eine Wirkung der App tatsächlich eingetreten sei. In der dritten Gruppe wurde beides miteinander kombiniert, die vierte Gruppe erhielt keine der beiden Mitteilungen.
Adhärenz zu DiGA steigern
Die Ergebnisse zeigen: „Werden Informationen zur Wirksamkeit vor und nach Nutzung von Smartphone-Apps kombiniert, könnten dadurch Wirkungserwartung und auch Glaubwürdigkeit digitaler Gesundheitsanwendungen nachhaltiger werden“, so Meinlschmidt. Das könne beispielsweise helfen, weniger Patienten im Verlauf zu verlieren, was eine große Herausforderung bei DiGA darstelle.
Martha Luise Storre
Literatur: Stalujanis E et al. Induction of Efficacy Expectancies in an Ambulatory Smartphone-Based Digital Placebo Mental Health Intervention: Randomized Controlled Trial; JMIR Mhealth Uhealth 2021;9(2):e20329; doi: 10.2196/20329
Nach Informationen der International Psychoanalytic University Berlin

© Fabian Eggert/IPU Berlin
Gibt es einen digitalen Placebo-Effekt?
Werden Informationen zum erhofften Effekt einer Gesundheits-App vor ihrer Nutzung mit positiven Rückmeldungen zur Wirkung nach erfolgter Nutzung kombiniert, könnte dies den Placebo-Effekt verstärken