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Allgemein Medizin

Dr. med. Markus Frühwein, München
Dr. med. Markus Frühwein, München
© Frühwein

STIKO-Update 2023

Die STIKO hat ihre aktuellen Empfehlungen veröffentlicht. Neu sind die Aufnahme der Impfempfehlung gegen Affenpocken sowie Änderungen in Bezug auf die Gelbfieber- und Meningokokken-Impfung. Aktualisierungsbedarf besteht weiterhin bei der Vakzinierung gegen Pneumokokken und Herpes zoster.

Wie in den letzten Jahren hat die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut (RKI) im epidemiologischen Bulletin Nummer 04 die neuen Impfempfehlungen für Deutschland veröffentlicht. Da die STIKO inzwischen auch immer mehr Empfehlungen außerhalb des jährlichen Zyklus ausspricht, werden hier auch immer die aktuellen Empfehlung des letzten Jahres miterfasst. Die starke Belastung der Kommission während der COVID-19-Pandemie und die damit -verbundene Fokussierung auf die ständig wechselnden und anzupassenden COVID-19-Impfempfehlungen haben verständlicher-weise zu einer nur eingeschränkt möglichen Bearbeitung anderer impfrelevanter Themen geführt.

Die Vorgehensweise der STIKO nach den GRADE Kriterien zur Erstellung ihrer Empfehlungen ist ein aufwändiger Prozess mit einem hohen Anspruch an eine gute und ausreichende Datenlage. Das geht leider häufig nur langsam voran. Auf der anderen Seite hat sich gerade während der Pandemie gezeigt, dass die Empfehlungen der STIKO hier eine hohe Qualität hatten und unnötige Schnellschüsse vermieden wurden.

Aktuelle Empfehlungen gegen Orthopocken

Neu ist die Aufnahme der Impfempfehlung gegen Affenpocken (MPox) und andere Orthopocken in die regulären STIKO-Empfehlungen. Weiterhin gilt hier eine Empfehlung für erwachsene Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) und dabei häufiger die Partner wechseln. Zur Immunisierung werden Impfstoffdosen Imvanex oder Jynneos im Mindestabstand von 4 Wochen gegeben. Liegt eine nachgewiesene Impfung gegen Pocken vor, ist eine einmalige Impfung mit den genannten Impfstoffen ausreichend. Eine Zulassung für Schwangere, Kinder und Jugendliche liegt nicht vor. Eine ergänzende Empfehlung gilt für Laborpersonal mit entsprechendem Risiko für eine Infektion.

In Zusammenhang mit den Affenpocken wurde auch die Postexpositionsprophylaxe (PEP) aufgenommen. In folgenden Situationen wird eine PEP zum frühestmöglichen Zeitpunkt in einem Zeitraum von bis zu 2 Wochen nach Exposition in gleichem Schema wie die Immunisierung mit dem MVA-Impfstoff empfohlen. Auch hier benötigen Pocken-Vorgeimpfte nur 1 Dosis.

  • Kontakt über nicht intakte Haut oder Schleimhaut z.B. im Rahmen von sexuellen Kontakten.
  • Längerer ungeschützter face-to-face-Kontakt mit einer erkrankten Person.
  • Enger Kontakt in der medizinischen Versorgung ohne ausreichende persönliche Schutzausrüstung zu einer erkrankten Person, ihren Körperflüssigkeiten (z.B. Nadelstichverletzung) oder zu potenziell infektiösem Material.
  • Ungeschützter Kontakt zu Laborproben bei Personal in Laboratorien.


Gelbfieber: Auffrischimpfung neu geregelt

 

Des Weiteren wurde die schon vor kurzem besprochene Änderung der Gelbfieberimpfempfehlung eingearbeitet. Neben dem Risiko einer beruflichen Exposition gilt weiterhin die Empfehlung für Länder mit der Gefahr einer Gelbfieber-Übertragung oder für Länder, die einen Nachweis über eine erfolgte Gelbfieber-Impfung in Form des internationalen Zertifikates im Impfpass fordern. Neu ist die Empfehlung zu einer einmaligen Auffrischimpfung vor einer erneuten oder bei fortgesetzter Exposition, wenn mindestens 10 Jahre seit der ersten Impfung vergangen sind. Danach werden aktuell keine weiteren Auffrischimpfungen empfohlen. Ausnahmen sind Schwangere und Immunsupprimierte. Hier wird nach einer ersten Gabe eine umgehende Auffrischimpfung bei erneuter Exposition ohne festen Abstand zur ersten Impfung empfohlen. Bei Kindern, die die erste Dosis vor dem zweiten Geburtstag erhalten haben, sollte die zweite Impfung bei Expositionsrisiko schon nach 5 Jahren erfolgen. In Hinblick auf das Zertifikat ist auch nach einer Impfung von einer lebenslangen Gültigkeit auszugehen.

Anpassungen bei Meningokokken und Tollwut

Die Reiseimpfempfehlung für Langzeitaufenthalte, insbesondere bei Kindern, Jugendlichen und Personen, die ihr Studium oder eine Ausbildung im Ausland absolvieren, wurde im Hinblick auf die Impfung gegen Meningokokken angepasst. Hier wird jetzt, entsprechend den Empfehlungen der Zielländer, eine Impfung mit einem Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff und einem Meningokokken-B-Impfstoff empfohlen.

Bei der Tollwutexpositionsprophylaxe wurde das nur für Rabipur und bei gesunden und immunkompetenten Personen zugelassene verkürzte Essen-Schema mit je 1 Impfstoffdosis an den Tagen 0, 3, 7, 14 aufgenommen.  Außerdem wird explizit darauf hingewiesen, dass bei Personen, die zur Grundimmunisierung mit einem 2-Dosen-Schema (nur Tollwut-Impfstoff (HDC)) nach einem Mindestabstand von 1 Jahr eine 3. Impfstoffdosis verabreicht werden muss, da es derzeit keine Daten für die Boosterfähigkeit mit 2 Impfstoffdosen im Expositionsfall gibt. Eine Immunglobulingabe wird jedoch dennoch nicht empfohlen, es sollte dann aber ein vollständiges 4- bzw. 5-Dosen-Schema zur PEP verwendet werden.

Die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit zur Impfung bei Personal in medizinischen Einrichtungen wurde in der Neuauflage noch einmal explizit betont. Sowohl in Hinblick auf den persönlichen Schutz als auch auf die Verantwortung gegenüber Patienten/Schutzbefohlenen. Hier verweist die STIKO auf ihre Stellungnahme zu Impfungen von Personal in medizinischen Einrichtungen.

Handlungsbedarf bei Pneumokokken und Herpes zoster

Damit hat die STIKO nicht sehr viel Neues, insbesondere in Hinblick auf die alltägliche Praxis in die neuen Empfehlungen gepackt. Gerade bei den Pneumokokken wären in Bezug auf die schon lange vorliegende Zulassung höhervalenter Konjugat-impfstoffe eine baldige Stellungnahme und Empfehlung dringend notwendig, auch um die Erstattung entsprechend zu regeln.

Ähnlich sieht es mit einer Äußerung zur Impfung gegen Gürtelrose bei unter 50-Jährigen aus. Hier liegt die Zulassung ab 18 schon lange vor und hier ist die fehlende Empfehlung gerade bei der Impfung von Immunsupprimierten ein Problem hinsichtlich der Erstattung. Da die Pandemie am Ausklingen ist, bleibt zu hoffen, dass entsprechende Empfehlungen in den kommenden Monaten für Klarheit sorgen.

Dr. med. Markus Frühwein, Praxis Dr. Frühwein & Partner, Allgemein- und Tropenmedizin, München
E-Mail: markus@drfruehwein.de