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Allgemein Medizin

Zecke
Das RKI hat für 2023 neue FSME-Risikogebiete ausgewiesen Die Durchimpfrate stagniert dennoch auf niedrigem Niveau.
© AdobeStock/Carola Vahldiek

FSME: Impfquoten immer noch auf niedrigem Niveau

Mit dem zu erwartenden Frühlingsbeginn geht auch die Zeckensaison in ein neues Jahr und damit das Risiko an FSME zu erkranken. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat neue Risikogebiete definiert und ein Großteil der Bundesbürger hat ein potenzielles Erkrankungsrisiko und damit eine Indikation für eine Impfung.

Im epidemiologischen Bulletin 09/2023 wurden mit dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt und dem Stadtkreis München sowie dem Landkreis Fürstenfeldbruck in Bayern drei neue Risikogebiete für 2023 ausgewiesen. Während in Sachsen-Anhalt damit ein zweiter Kreis hinzukommt, schließt sich in Bayern einer der letzten weißen Flecken in der Risikogebietskarte.

Damit ist außerdem die Zahl der Kreise, in denen eine potenzielle Gefahr für eine FSME-Infektion besteht, auf 178 angestiegen, womit der seit vielen Jahren anhaltende Ausbreitungstrend der Erkrankung in Deutschland konsequent anhält. Insgesamt lässt sich vor allem eine Ausbreitung in immer nördlichere Gebiete Deutschlands verzeichnen.  Auch die Erkrankungen haben sich in den letzten Jahren auf hohem Niveau gehalten, bzw. sind über die Zeit weiter angestiegen. In 2022 wurden ca. 30%  mehr Fälle als im Vorjahr gemeldet. Das Infektionsrisiko besteht dabei saisonal vor allem zwischen März und Oktober.

Die Reduktion des Risikos für Zeckenstiche kann durch das Tragen langer, geschlossener Kleidung, das Vermeiden von risikotypischem Terrain wie hohes Gras, Büsche oder Unterholz und die Nutzung von Repellents (z.B. DEET, Icaridin) erreicht werden. Da die FSME-Übertragung, im Gegensatz zur Borreliose, im Normalfall am Anfang des Saugaktes erfolgt, ist auch ein frühes Entfernen der Zecke präventiv nicht wirksam.

Derzeit verfügbare Impfstoffe

Den besten Schutz bietet eine Impfung gegen FSME. 2022 waren 98% der infizierten Personen nicht oder nicht vollständig geimpft. Österreich hat gezeigt, wie man mit hohen Durchimpfungsraten von über 80% die Anzahl an Erkrankungen deutlich reduzieren kann.

In Deutschland stehen zwei Impfstoffe zur Verfügung, die sich in Hinblick auf die Grundimmunisierung, Schnellschemata und die empfohlenen Auffrischimpfungen unterscheiden.

FSME-Immun: Die Grundimmunisierung erfolgt mit drei Impfungen. Die zweite erfolgt im konventionellen Schema 1–3 Monate nach der ersten Impfung und die dritte fünf bis zwölf Monate nach der Zweiten Impfung. Ein Schnellschema, bei dem die zweite Impfung schon 14 Tage nach der ersten gegeben wird, ist möglich. Die erste Auffrischimpfung erfolgt bei beiden nach drei Jahren, dann alle fünf Jahre und ab 60 Jahren wieder alle drei Jahre.

Encepur: Die Grundimmunisierung erfolgt mit drei Impfungen. Die zweite erfolgt 14 Tage (beschleunigtes konventionelles Schema) bzw. ein bis drei Monate (konventionelles Schema) nach der ersten Impfung und die dritte neun bis zwölf Monate nach der zweiten Impfung. Die erste Auffrischimpfung erfolgt nach drei Jahren, dann alle fünf Jahre und ab 50 Jahren wieder alle drei Jahre. Ein Schnellschema, bei dem die zweite Impfung nach sieben und die dritte nach weiteren 14 Tagen gegeben wird, gilt als vollständige Grundimmunisierung. Hier sollte die erste Auffrischimpfung jedoch schon nach 12 bis 18 Monaten erfolgen.

Die Unterschiede bei den Impfschemata machen es für Arzt und Patient nicht unbedingt einfacher und übersichtlicher, sollten einer Immunisierung aber sicher nicht im Wege stehen.

Empfehlungen der STIKO

In Deutschland empfiehlt die STIKO die Impfung für Personen, die in Risikogebieten wohnen, arbeiten oder sich aus anderen Gründen in entsprechenden Gebieten aufhalten und dabei ein Risiko für Zeckenstiche haben. Die Impfung wird für diesen Personenkreis von den Krankenkassen übernommen. Eine zusätzliche Empfehlung besteht für berufliche Gefährdung z.B. bei Forstarbeitern, Landwirten oder Laborpersonal.

Die Durchimpfungsraten in Deutschland liegen hingegen immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau. In den Risikogebieten waren es 2020 23,1% in Bayern, 18,2% in Baden-Württemberg, 29,8% in Thüringen und 19,0% in Hessen. Nach Stagnation bzw. einem leichten Rückgang in den Vorjahren sind die Impfquoten seit 2018 in allen betroffenen Bundesländern, abgesehen von Thüringen, wieder angestiegen. Gerade bei den Älteren, die von schweren Verläufen besonders häufig betroffen sind, sind die Durchimpfungs-raten besonders schlecht. Hier besteht dringender Nachholbedarf.

Infektionsrisiko in Reisegebieten

Auch in der Reisemedizin spielt FSME eine Rolle. Vor allem in Zentral- und Osteuropa sowie den westlichen und nördlichen Bereichen Asiens besteht ein Infektionsrisiko, wobei hier vor allem  der sibirische (TBE-S) und der fernöstliche (TBE-FE) Virustyp eine Rolles spielen. Erkrankungen durch diese beiden Subtypen führen häufiger zu deutlich schwereren Verläufen mit hohen Letalitätsraten. Eine FSME- Impfung ist auch gegen diese Virusvarianten wirksam.

Was ändert sich nun durch die Ernennung zum Risikogebiet für einen Kreis? Muss sich jeder Münchner jetzt gegen FSME impfen lassen? Gerade in einer Großstadt bedeutet das nicht, dass generell ein Risiko besteht und eine Impfung notwendig ist. Trotzdem werden auch die meis-ten Städter immer wieder ihren Weg in Risiko-bereiche in der Stadt, im Umland oder im Ausland finden und fallen damit unter die Impf-indikation der STIKO. Zu berücksichtigen ist auch, dass ein potenzielles FSME-Risiko auch außerhalb der ausgewiesenen Gebiete besteht. Die Definition eines Risikogebietes ist meist in Regionen mit nur vereinzelten Fällen nicht erreicht. Trotzdem sollte bei entsprechender Klinik immer an FSME gedacht werden. Auch in diesen Gebieten kann eine Impfung nach STIKO-Empfehlung nach individueller Risiko-Nutzen-Bewertung sinnvoll sein.

Definition Risikogebiet FSME:

Die Anzahl der übermittelten FSME-Erkrankungen liegt in mindestens einem der 17 Fünfjahreszeiträume im Zeitraum 2002 – 2022 im Kreis (p < 0,05) höher als die bei einer Inzidenz von 1/100.000 erwartete Fallzahl.

Dr. med. Markus Frühwein, Praxis Dr. Frühwein & Partner, Allgemein- und Tropenmedizin, München
E-Mail: markus@drfruehwein.de