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Allgemein Medizin

Symbolbild KHK
KHK: Chirurgische Intervention vermeidbar?
© Colourbox

Chronisches Koronarsyndrom: Medikamentös oder interventionell behandeln?

Diabetiker mit einer Mehrgefäßerkrankung sollen leitliniengemäß chirurgisch behandelt werden. Die ISCHEMIA-Studien zeigen dagegen, dass KHK-Patienten bei sehr gut eingestellter Medikation keinen klaren Nachteil haben gegenüber Patienten, die chirurgisch behandelt werden.

Die 2019 von der ESC formulierten Leitlinien sehen vor, einen Patienten mit manifester Arteriosklerose sehr gründlich auf Diabetes Typ-2 zu untersuchen, und mit einem SGLT-2-Hemmer zu behandeln, wenn Diabetes festgestellt wird. Wird der Patient schon mit Metformin behandelt, erhält er den SGLT-2-Hemmer dazu.

Die Frage, ob ein Patient mit KHK und Diabetes interventionell oder medikamentös behandelt werden soll, könne man inzwischen leicht beantworten: „Ein Patient mit einer koronaren Ein- oder Zweigefäßerkrankung wird ganz klar, auch wenn einen Typ-2-Diabetes hat, interventionell behandelt. Wenn eine Mehrgefäßerkrankung mit Hauptstammbeteiligung oder eine komplexe proximale RIVA-Stenose vorliegen, dann sollte er doch kardiochirurgisch operativ versorgt werden“, rät Prof. Mathias Leschke, Esslingen. Diese Empfehlungen beruhen auf den Daten der Freedom-Studie, der größten Studie zu Revaskularisation bei Typ-2-Diabetes und Koronarer Herzerkrankung, in der das Überleben nach einer Bypassoperation bei Mehrgefäßerkrankung besser war als nach einer perkutanen Koronarintervention (PCI).

„Stabile“ KHK wirklich stabil?

Leschke zeigte die Ergebnisse mehrerer Studien, die demonstrieren, dass es oft besser sei, Patienten konservativ zu behandeln: Zunächst sei wichtig zu wissen, dass die chronische Koronarerkrankung nicht stabil sei: In einer großen Registerstudie mit über 32.000 Patienten mit manifester Arteriosklerose starben innerhalb von 5 Jahren 8% der Patienten, „das ist eine Menge und ich denke, dass sollten wir immer berücksichtigen“, so Leschke.

Ein Patient mit optimaler Adhärenz habe möglicherweise einen sehr güns-tigen Verlauf mit geringer Ereignisrate. Aber es gebe auch Patienten mit höherem Risiko oder sogar mit malignem Verlauf: Diese Gruppen seien nur schwer unterscheidbar.

Die Ischemia-Studie verglich eine optimale medikamentöse Therapie bei Patienten mit Mehrgefäßerkrankung mit optimaler medikamentöser Therapie plus PCI. Patienten mit einer Hauptstammstenose waren ausgeschlossen. Die optimale Therapie sah so aus, dass nahezu alle Patienten ein Statin bekamen, 60% eine Hochdosis-Statintherapie, 70% erhielten einen ACE-Hemmer. Das LDL-Cholesterin wurde bei über 60% der Patienten auf 70 mg pro dl gesenkt. Die interventionelle Therapie lieferte keine besseren Ergebnisse als die rein medikamentöse Therapie: „Eine optimale Therapie ist genauso gut. Allerdings wirkt sie vielleicht nicht so schnell, was die Lebensqualität und die Beschwerdefreiheit angeht“, so Leschke, „es ist deshalb oft klug, einen Patienten medikamentös sehr gut konservativ zu führen.“

Konservativ auch bei eingeschränkter Nierenfunktion

Die gleiche Studie wurde mit Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion durchgeführt, 50% von ihnen waren Dialysepatienten. Obwohl man bei diesen Patienten einen eher malignen Verlauf der KHK erwarten würde, so Leschke, und sie dann eher von einer Revaskularisierung profitieren würden, war auch hier die interventionelle Behandlung nach drei und fünf Jahren nicht besser als die optimale medikamentöse Therapie. „Auch hier erwies sich die konservative Therapie als genauso gut wie die interventionelle Therapie.“

Roland Müller-Waldeck

Quelle: Fortbildungsveranstaltung der Digitalen Campuswoche von MSD „Update KHK – Wichtiges für Ihre Praxis“ am 16.11.2022